Rückenschmerzen, Bauchschmerzen, Gliederschmerzen, Kopfschmerzen – Viele Menschen leiden chronisch unter diversen Schmerzsymptomen und finden keine konkrete Ursache dafür. Meist liegt diese gar nicht dort, wo wir sie vermuten und wird von einer schlechten Ernährung zusätzlich befeuert. Wir zeigen im Interview mit Dr. Kurt Mosetter, Arzt und Heilpraktiker, welche Zusammenhänge es zwischen Schmerz und Ernährung gibt.
So wirkt die Ernährung auf Faszien und Muskeln
Sehr geehrter Herr Dr. Mosetter, Schmerzen werden meist durch eine körperlichen Ursache wie eine Erkrankung oder Verletzung, ausgelöst. Was haben Schmerzen dann eigentlich mit der Ernährung zu tun?
Ein Zuviel an kurzkettigen Kohlenhydraten und Stärke wie in Brot, Nudeln, Pizza, Pasta, Kartoffeln, Kuchen und Süßem führt zu einer Stoffwechsel-Sackgasse mit Übersäuerung (metabolische Azidose) und entzündlichem Milieu in Muskeln, Bindegewebe und Faszien.
Die entsprechenden Entzündungsbotenstoffe, welche zudem von durch Zucker überblähten Fettzellen produziert werden, verursachen Schmerzen und Muskelkrämpfe. Innerhalb der Faszien, der die Muskeln umhüllenden Häute, können diese Schmerzen in den ganzen Bewegungsapparat ausstrahlen und „wandern“.
Chronisch führt diese Energiehaushaltstörung mit zu viel karamellisiertem Zucker im Gewebe und überschüssigem entzündlichen Insulin sogar zu Nervenschmerzen und neuronalen Schmerzzuständen.
Was passiert bei Schmerzen im Körper – auf zellulärerer Ebene und im Kopf?
Die Zellen leiden Hungersnot, das zellumgebende Gewebe wird sauer und wird durch Entzündungsbotenstoffe belastet, zu viel Laktat und Ammoniak verursachen Schmerz. Die Zellen und Schaltkreise des Gehirns sind in der Verschaltung mitbetroffen. Im Energiemangel werden weniger Beruhigungshormone wie Serotonin, Melatonin oder regenerative Sexualhormone gebildet.
Der innere Rhythmus wird belastet, der Schlaf wird schlechter, die Regeneration ist gestört, die Nerven liegen buchstäblich blank, die Muskeln bleiben in der Anspannung stecken und die Anfälligkeit gegenüber Schmerz steigt stark an. Zuviel Zucker im Blut und Gewebe führt zudem zur Karamellisierung von Zucker mit Eiweißen – wie wenn Milch anbrennt. Auf diese Weise gräbt sich der Schmerz immer tiefer ein.
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Welche Arten von Schmerzen kann man durch eine Ernährungsumstellung lindern oder gar heilen?
Ganz sicher kann man 80 Prozent aller Schmerzen zumindest lindern. Für 30 Prozent der Betroffenen kann die Ernährung das entscheidende Zünglein an der Waage für die Schmerzfreiheit sein. Für die nachhaltigen Therapieerfolge aller anderen Therapien kann eine natürliche Ernährung allen Patienten weiterhelfen.
Muskel-Faszien-Schmerzen, Fibromyalgie-Beschwerden und krampfartige Schmerzen sprechen besonders gut auf Stoffwechsel-Lernprozesse mit unserem Glycoplan an.
Gibt es eine konkrete Ernährungstherapie bei Schmerzen?
Glycoplan, Low Carb, Paläo, sehr fettreiche oder sogar ketogene Ernährung helfen häufig sehr gut weiter. Die Reduktion von verarbeiteten und konservierten Lebensmitteln hilft ebenfalls fast immer. Je nach Einzelfall kann auch der Verzicht auf Wurst und Fleischwaren oder eine differenziert geplante vegetarische Ernährung helfen.
Für einige Betroffene kann auch Heilfasten eine tolle Lösung bieten.
Was sollte man bei Schmerzen essen, was weglassen?
Weglassen: Ganz sicher sollte man auf Süßgetränke, Süßstoffe, Fruchtsäfte, Weißmehlprodukte, Süßigkeiten, zuckerhaltige Müslis sowie auf Nahrungsmittel mit Geschmacksverstärkern, vielen Konservierungsstoffen und „E“-Zusatzstoffen, verzichten. Kuhmilchprodukte belasten ebenso wie zu viel Apfel, Birne, Bananen und Trauben.
Essen: Bio-Nüsse, Mandeln, Kokosfett und Kokosmilch, Mandelmilch, Ziegen- und Schafsmilchprodukte, Avocado, Beeren, Aprikosen, Papaya, Rhabarber, Honigmelone, viel Gemüse, Hülsenfrüchte, schwarzer Reis, Salate, Wildkräuter, Gewürze und wertvolle Fette können jede Therapie sehr effizient unterstützen.
Die richtige Ernährung bei Schmerzen ist sehr wichtig
Was passiert, wenn ich Symptome nicht beachte und meine Ernährung nicht anpasse?
Dann können sich die Schmerzen immer tiefer einnisten, das Nervensystem belasten, chronisch werden, das Bewegungssystem immer mehr einschränken – bis die Immobilisation weitere Schmerzbotenstoffe aktiviert. In chronischen Sackgassen können schließlich schwere rheumatische und entzündliche Erkrankungen entstehen.
Sind bewusstes Essen, Genuss sowie Glück nicht genauso wichtig wie die eigentlichen Zutaten für die Heilung?
Sicherlich sind Esskultur, die nährende Gemeinschaft beim Essen, genügend Zeit, Freude und Glück äußerst wichtige Faktoren. Alleine – Junkfood belastet immer! Kurzfristiges Pseudoglück führt in die Spirale der Sucht nach Süßem und Weißmehlprodukten – ganz kurze „Doping-Gefühle“ werden jedoch langfristig stets Homöostase-Störungen auslösen und mit Krankheit bestraft.
Gibt es wissenschaftliche Belege für den Zusammenhang zwischen Ernährung und Schmerzen?
Ein fast unüberschaubares Spektrum an wissenschaftlichen Arbeiten, Studien und Büchern belegt dies schon lange. Mehr als 100 000 Studien zum World Cancer Research Fund (WCRF), Mittelmeerstudien, Arbeiten zu „Low Carb“- und ketogener Ernährung belegen die Bedeutung der Ernährung zur Gesundheit.
Viele Bücher wie „Die LOGI- Methode“, „Die Menschenstopfleber“, „Pur, weiß und tödlich“, „Paläopower“ oder „Krebszellen lieben Zucker – Patienten brauchen Fett“ erläutern uns diese Fakten für den täglichen Gebrauch. In unserem Buch „Zucker – der heimliche Killer“ (GU Verlag) finden Sie zudem eine breite Auswahl an Primärliteratur aus Wissenschaft und Forschung.
Hilfe bei chronischen Schmerzen, Muskelschmerzen oder Nervenschmerzen
An wen können sich Menschen wenden, die ein spezifisches Schmerzproblem haben?
In unseren Zentren für interdisziplinäre Therapien in Konstanz, Köln, Herrenberg und Gutach sowie weiteren Myoreflextherapie-Praxen in ganz Deutschland wird dieses Wissen konkret angewandt und effizient mit den Patientinnen und Patienten umgesetzt. (Weitere Informationen unter www.myoreflex.de.) Auch die Gruppe der F.-X.-Mayr-Ärzte, die Homöopathen, die chinesischen, ayurvedischen und tibetischen Mediziner, die Fastenkliniken und viele Heilpraktiker wissen heute sehr viel zu diesen Themen.
Im Internet können Sie zudem weitere Informationen finden. Apotheker und Drogisten, zum Beispiel die Gruppe um „Vitaluce“ oder das Selbsthilfenetzwerk „lifesms“ bietet sehr schön auch praktische Hilfe.
Können Sie von Ihren Erfahrungen berichten, die Sie als Arzt bei Patienten erlebt haben?
Wir erleben viele wahre Wunder … nicht etwa, weil wir heilen können, sondern weil sicher 90 Prozent unserer Patientinnen und Patienten den – zu Beginn sicher oft nicht ganz einfachen – Weg des Stoffwechsel-Lernens umsetzen und dann auch konsequent durchziehen. Sie werden stets belohnt!
Unter guter Anleitung, geschickt inspiriert und mit Profisportlern als Vorbild, halten auch Kinder die Linie der physiologisch intelligenten Ernährung durch. Sie trainieren ihren Stoffwechsel – und werden auf allen Ebenen besser!
Gibt es denn auch Interesse für diese Ernährungskonzepte im Profisport?
Unter den besten Langstreckenläufern und Triathleten der Welt werden fettreiche Ernährung, Paläo- und Low-Carb-Konzepte schon lange als Geheimtipp gehandelt. Die professionellen Hockeyspieler wenden diese Konzepte teilweise seit über zehn Jahren an. Seit 2012 prägt der beschriebene Glycoplan die Ernährung der Fußballnationalmannschaft der USA um Jürgen Klinsmann – mit dem Cheftrainer als wandelndem Vorbild!
Intelligente Trainer wie Ralf Rangnick, Markus Gisdol, Roger Schmid oder Thomas Tuchel suchen stets nach den besten Lösungen – und finden diese in den oben beschriebenen Gesetzmäßigkeiten. Auch die Entscheider in europäischen Topclubs wie Juventus Turin, Real Madrid, FC Barcelona oder auch Sevilla haben diese Richtung – eine Ernährung mit viel weniger Zucker und schlechten Kohlenhydraten – mittlerweile übernommen.
Die Profis sind dann auch mit ihrer Breitenwirkung und dem Vorbildcharakter unsere „Botschafter“ für Kinder, die mit am meisten von einer intelligenten und physiologischen Ernährung profitieren.
Gibt es konkrete Tipps, die Sie unseren evidero-Lesern für den Alltag empfehlen, um Schmerzen vorzubeugen oder zu lindern?
In diesem Interview finden Sie kurz zusammengefasst die Kernpunkte! In unserem Buch gibt es noch viele weitere Details und Hintergrundwissen sowie den ein oder anderen Tipp zur praktischen Umsetzung. Außerdem enthält es zahlreiche tolle Rezepte, die zeigen, dass der Genuss ganz klar nicht zu kurz kommen muss!
Ein toller Tipp für Zwischendurch: Nüsse und Mandeln als Energieträger in der Hosentasche!
Auch immer gut: Ein Geheimtipp aus dem Himalaja! Das Gericht, das den Sherpas dreimal täglich Kraft verleiht und dazu günstig und einfach machbar ist: lang gekochte Linsen, allerlei Gemüse, variabel mit verschiedenen Gewürzen oder Wildkräutern, als Suppe, gut aufwärmbar – und als „Reste-Essen“ mit Kokosfett lässt sich das Ganze sogar noch ganz wunderbar anbraten!
Vielen Dank für die Antworten auf unsere Fragen
Die Fragen stellte: Melina Ammazzagatti