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Fahrradfahrer im Straßenverkehr: Artikel über Radfahrer im Verkehr nerven – deswegen schreib ich jetzt einen

Wir brauchen mehr Rücksicht im Straßenverkehr - von allen Verkehrsteilnehmern. Warum werden bloß immer alle direkt so emotional?
von Manuela Hartung
Radfahrer im Verkehr

Manchmal, wenn ich von der Arbeit nach Hause fahre, hätte ich gerne ein Schild auf dem steht: “Wenn du noch langsamer fährst, bleibst du stehen”. Und dann würde ich den Radfahrer vor mir damit schlagen.

Ich fahre – sofern das Wetter es zulässt – jeden Tag mit dem Fahrrad zur Arbeit, bei einer Strecke von 11 Kilometern. In Köln. Da bleibt es nicht aus, dass man sich hin und wieder über andere Verkehrsteilnehmer ärgert. Okay, eigentlich fast täglich.

Natürlich versuche ich, mich da zurückzuhalten, immerhin ist es verschwendete Energie, sich darüber zu ärgern, wie dämlich sich manche Menschen verhalten. Sie tun es trotzdem. Aber manchmal geht es einfach nicht anders. Ein paar Beispiele:

  • Radfahrer, die enorm langsam, aber mitten auf der Spur fahren, sodass man keine Chance hat, sie zu überholen
  • Radfahrer, die enorm langsam, aber schön rechts fahren, sodass man sie überholen kann. 3x. Weil man selbst an roten Ampel stehen bleibt, über die besagte Personen einfach drüberfahren
  • Radfahrer oder Autofahrer, die einen so eng überholen, dass man hektisch ausweichen muss und Glück hat, wenn man keinen Unfall baut
  • Fußgänger, die ohne vorher einmal nachzusehen, ob ein Rad kommt, auf den Radweg latschen
  • Fußgänger, die einfach prinzipiell über den Radweg latschen
  • Autofahrer, die einfach prinzipiell auf dem Radweg parken und halten
  • Radfahrer, die einem auf schwer einsehbaren Brücken auf der falschen Seite entgegenkommen
  • Radfahrer, die prinzipiell auf der falschen Straßenseite fahren und sich dann beschweren, wenn man ihnen nicht ausweicht

Okay, ich höre auf. Aber ich könnte noch weitermachen.

Warum ist ordentliches Verhalten im Straßenverkehr eigentlich so ein geladenes Thema?

In regelmäßigen Abständen gibt es Artikel zu diesem Thema, mal sind die Radfahrer die Bösen, mal die Benachteiligten, aber viel spannender als die Artikel finde ich eigentlich immer die Facebook-Kommentare darunter. Die lesen sich besser als jeder Polit-Thriller.

Es braucht höchstens ein oder zwei Postings, schon kocht und schäumt das ganze Publikum vor Wut, Fußgänger beschimpfen Radfahrer, Radfahrer beschimpfen Autofahrer, Autofahrer beschimpfen Fußgänger, eigentlich beschimpft jeder jeden. Und jeder glaubt, dass er der einzig vernünftige Mensch im Straßenverkehr ist.

Das Problem ist hier wohl, dass jeder schon einmal negative Erfahrungen gemacht hat, egal, welches Verkehrsmittel er benutzt. Oder was, wenn es zu wenig Menschen gibt, die regelmäßig als jeder mögliche Teil am Verkehr beteiligt sind?

Ich stelle mir das so vor: Autobesitzer fahren zu 90% Auto, Radfahrer zu 90% Rad und Nutzer der ÖNV sind zu 90% zu Fuß unterwegs, wenn sie gerade nicht in der Bahn sitzen. Dementsprechend können sie sich in andere Verkehrsteilnehmer einfach nicht hineinversetzen und sehen also alle Fehler bei den anderen.

Mal ganz ehrlich: Das kann eigentlich nicht sein. Auch wenn ich sehr viel radfahre, bin ich immer wieder zu Fuß unterwegs und als Autofahrer (einmal in 5 Jahren) berücksichtige ich Schulterblick, toten Winkel und BLINKER (ganz tolle Erfindung). Ist das wirklich so schwierig?

Alternativ sind alle Verkehrsteilnehmer egoistische Arschlöcher.

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In unserem Blog GENERATIONENFRAGE schreiben die Gen-Y-evideros über Themen, die sie und ihre Generation beschäftigen, ihren Alltag beeinflussen und zu ihrer Art des bewussten Lebens dazugehören.

Wer sind wir als Mindfull Millenials eigentlich?

Sind Menschen einfach zu egoistisch für reibungslosen Straßenverkehr?

Vielleicht liegt es aber auch daran, dass viele Menschen sofort Angst haben, dass man ihnen etwas wegnehmen will. Ausbau der Radwege? Arme kleine Autoindustrie, verlieren bestimmt ganz viele ihren Arbeitsplatz. Tempo 30 in der Stadt? Arme kleine BMW-Besitzer, denen ihre 200 PS im Stadtverkehr gar nichts mehr nützen. Radverbot in der Fußgängerzone? Arme kleine Radfahrer, die keine Mütter mit Kinderwagen mehr umfahren dürfen. Menno. Voll unfair.

Dann heul doch! Weder der Planet, noch der Straßenverkehr drehen sich um dich! Du bist nicht der Mittelpunkt des Universums. Sorry.

Leider wird niemand das so bald einsehen. Viele Menschen sind eben einfach so und werden sich nicht ändern, bloß weil irgendwer Gesetze erlässt. Stattdessen fahren viele Radler einfach fröhlich über rote Ampeln, als ständen diese zum Spaß da.

Die Schuld daran gebe ich aber nicht (nur) den egoistischen Arschlöchern, sondern der Politik. Aus dem einfachen Grund, dass ich glaube, der Straßenverkehr würde sich ganz von alleine beruhigen, wenn es die richtigen Voraussetzungen dafür gäbe.

Der Verkehr muss weg vom Auto

Dass es generell gut wäre, wenn sich der Verkehr vom Auto als andere Verkehrsmittel umlagern würde, soll nicht Bestandteil dieses Artikels sein. Tatsache ist aber, dass eine Entlastung des gesamten Straßenverkehrs so am besten möglich wäre.

Länder wie Dänemark oder die Niederlande machen es ja vor. Klar haben die weniger Einwohner und sind viel flacher, aber es wäre ja nicht so, als wäre eine Förderung in Deutschland prinzipiell unmöglich. Gerade erst ist (schon wieder) Münster zur fahrradfreundlichsten Stadt in Deutschland gewählt worden.

Dass das nicht viel heißen muss, zeigt die Statistik, dass sich 60% der Radfahrer im Verkehr unsicher fühlen. Und das wird wohl weniger an den Fußgängern, als an den Autofahrern liegen.

Auch wenn alle sich gleichermaßen falsch verhalten, steht nun mal außer Frage, dass das Auto das gefährlichste Verkehrsmittel überhaupt ist. Sowohl für Autofahrer als auch für alle anderen Verkehrsteilnehmer. Leider steckt in der Autoindustrie auch das meiste Geld. Doof.

Mehr Radwege, mehr verkehrsberuhigte Zonen, besserer Schienenverkehr

Kommt dann eine Partei daher und fordert etwas, von dem eigentlich ALLE wissen, dass es für uns und den Planeten gut wäre, finden es trotzdem 90% der Menschen scheiße, weil sie selbst eingeschränkt würden. Bestes Beispiel war der von den Grünen vorgeschlagene Veggie-Day, für den sie jetzt noch so viel Hass und Häme ernten, dass ich mal wieder an der Menschheit an sich zweifle.

Wer mehr Radwege will, wird sich auf jeden Fall anhören müssen, dass doch stattdessen etwas gegen die ganzen Staus getan werden müsste (deswegen darf es auch keine Tempo 30 Zonen geben), also bitte Ausbau von Autobahnen und Hauptverkehrsstraßen. Mal ganz am Rande: Die Straßen und Autobahnen würden übrigens leerer, wenn Radfahren und Zugfahren attraktiver würden. Denn attraktiv sind sie nicht.

Da sind sie also wieder, die Leute, die Angst haben, dass man ihnen was wegnimmt. Diese MiMiMi-Fraktion, die am besten auch noch mit Whataboutism ankommen (klar sterben die meisten Menschen im Straßenverkehr durch Autos, aber Rauchen ist auch ungesund, deswegen kann das doch kein Argument sein).

Die Politik muss also einfach machen, ein bisschen wie ein Elternteil, das weiß, was für das Kind das beste ist, auch wenn dieses da überhaupt keinen Bock drauf hat. Statt einer bekloppten Autobahnmaut brauchen wir bezahlbaren Schienenfernverkehr, statt fünfspuriger Straßen innerhalb der Stadt brauchen wir Radwege, die breit genug sind, dass man sich bequem überholen kann.

Es ist schwer, mit etwas Politik zu machen, das bedeuten würde, dass Menschen sich ändern müssen. Das wollen sie nämlich nicht. Sie wollen lieber weiter auf Radwegen parken, ihre Hunde samt Leine quer über den Radweg laufen lassen oder einen auf dem Radweg so überholen, dass sie mit dem Lenker am Brückenpfeiler hängen bleiben und sie sich direkt vor meinem Rad auf die Fresse legen.

Und deswegen sind sie bei diesem Thema auch so emotional. Weil sie genau wissen, dass sie unrecht haben. Und es nicht mögen, wenn man ihnen einen Spiegel vorhält.

PS: Ich steige in der Fußgängerzone ab, schiebe über Fußgängerüberwege, mache Handzeichen beim Abbiegen, warte an roten Ampeln und fahre mit Helm. ICH bin der perfekte Verkehrsteilnehmer. Meistens 😉

Autorin: Manuela Hartung
evidero-Redakteurin Manuela Hartung hat an der Uni Köln Germanistik, Linguistik und Phonetik studiert. Zu ihren Hobbies zählen Radfahren und kreatives Schreiben.