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Über das "Erneuerbare-Energien-Gesetz": Solarplaner vor neuen Herausforderungen

Das Ringen in der Koalition um die Kosten der Energiewende ist beendet. Der Bundestag hat den Änderungsantrag zum Erneuerbare-Energien-Gesetz verabschiedet.
von Volker Eidems
Montage Solarstrom© evidero

Der Bundestag hat den Änderungsantrag zum Erneuerbare-Energien-Gesetz verabschiedet. Die neuesten Korrekturen zu dem erst im vergangenen Jahr novellierten Gesetz betreffen vor allem die Solarbranche, deren Dienstleister und ihre Kunden. Die Kritiker, die eine Überförderung der Branche und zu hohe Folgekosten sehen, haben damit schnelle und deutliche Verschärfungen durchgesetzt.

Solarthermie Turm in Jülich© evidero
Solarthermie – Versuchsanlage in Jülich

Schon am 1. April (und nicht wie bislang geplant 1. Juni) werden die garantierten Einspeisevergütungen je nach Anlagentyp und Größe um 20 bis 32 Prozent gesenkt. Außerdem gilt die Abnahmegarantie etwa für Dachanlagen zukünftig nur noch für 80% des selbstproduzierten Stroms, den Rest soll auch der Kleinproduzent selbst verbrauchen oder zu Marktpreisen verkaufen; bei größeren Anlagen bis ein Megawatt sind es noch 90 Prozent, bei großen Solarparks bis 10 MW gilt weiter die 100% Abnahmegarantie.

Von der Vorlage im Bundesrat (30. März oder 11. Mai) erwarten Beobachter keine großen Überraschungen mehr.

Was kann Solarenergie zur Energiewende beitragen?

Seitdem Angela Merkel vor einigen Jahren die Energiewende zur Chefsache erklärt hat, steht insbesondere die Solarbranche am Pranger: Keine andere erneuerbare Energie liefert so wenig Strom zu so hohen Kosten.

Jede Durchschnittsfamilie fördert den Sonnenstrom ungefragt mit rund 70 Euro pro Jahr – automatisch über die Stromrechnung. Experten schätzen die Kosten der Solarförderung in den kommenden 20 Jahren auf 100 Milliarden Euro. Solar boomt weit stärker als erwartet – und das, obwohl die Vergütung in den letzten zwei Jahren bereits halbiert wurde. Kritiker sehen neben den Kosten auch das Risiko, dass ein zu schnelles Wachstum die vorhandenen Stromnetze überfordert.

Da im vergangenen Jahr der Zubau die Grenzen des „atmenden Deckels“ für den Kapazitätszuwachs überstiegen hat, werden auch die Vergütungssätze insgesamt weiter gesenkt. Auch der sogenannte Ausbaukorridor, der die Ziele des Zubaus festlegt, wurde verkleinert, so dass nun weniger (geförderte) Photovoltaik bis 2020 installiert werden kann. Die Sätze werden zudem monatlich gesenkt, schnelle Entscheider bleiben also auch langfristig im Vorteil.

Lohnt sich eine private Solaranlage?

Wer mit dem Gedanken spielt, sich eine Photovoltaikanlage zuzulegen, der muss seine Investition in jedem Fall noch einmal neu kalkulieren. Denn die neuen Vergütungssätze gelten bereits ab dem 1. April und Ausnahmen sind nur für Dachanlagen vorgesehen, deren Netzanschluss vor dem 24. Februar 2012 beantragt wurde.

Außerdem dürfen Freiflächenanlagen noch bis zum 30. Juni nach altem Vergütungssatz installiert werden, vorausgesetzt der Aufstellungsbeschluss ist vor dem 1. März erfolgt. Die Änderung folgt damit so kurzfristig, dass Anlagenplaner wenig Spielraum haben, Antrag oder Installation vorzuziehen, um noch in den Genuss einer höheren Vergütung zu kommen.

Die Novelle soll einen erneuten Boom verhindern. Denn zwischen der Verabschiedung und dem Inkrafttreten der letzten Änderungen zum 1. Januar lag mehr als ein Quartal, Zeit genug, dass viele Investoren ihre Projekte forcieren konnten. Noch nie wurde soviel Solarkapazität installiert wie in den letzten Monaten. Es herrscht Torschlusspanik. Aktuell arbeiten die Monteure in Sonderschichten.

Haus mit Solaranlage© evidero
Privates Solarkraftwerk – ungeplant erfolgreich.

Das neue Gesetz argumentiert für ein Marktintegrationsmodell: „der Eigenverbrauch bleibt jedoch attraktiv, weil die Stromerzeugungskosten aus solarer Strahlungsenergie in diesem Jahr für private Haushalte und das Kleingewerbe die durchschnittlichen Haushaltsstrompreise deutlich unterschreiten (sog. Netzparität).“

Auch die schwankende Einspeisung durch Kleinanlagen, die den Netzbetreibern Probleme bei der Kapazitätsberechnung macht, soll damit verringert werden. Die Gegner argumentieren nun, dass der Eigenheimbesitzer seine überschüssige Energie – also die, die er nicht selbst verbrauchen kann – nun gar nicht mehr vermarkten kann, da ein Börsenverkauf viel zu aufwendig wäre und er nicht unbedingt Abnehmer in direkter Nachbarschaft findet.

Überlegungen, eigene Stromabnehmer oder -speicher zu finden, werden damit allerdings befördert, ein in Sonnenzeiten betanktes Elektroauto vor der Tür könnte Überkapazitäten zum Beispiel sinnvoll nutzen helfen.

Für die normalen Stromkonsumenten kann es sich positiv auswirken, dass mit dem neuen Gesetz sehr schnell und stark reagiert wird, indem es die Förderung für künftige Anlagen anpasst. Auf der anderen Seite stehen Planer und Investoren unter größerem Zeitdruck, da sich eine heute rentabel geplante Anlage im kommenden Jahr bereits nicht mehr rechnen könnte, weil die Vergütungssätze wiederum stark gesenkt wurden. Gerade bei Kleininvestoren, deren Planung und Finanzierung sich schwieriger gestaltet als die von Großanlagen, wird das neue Gesetz für mehr Unsicherheit sorgen.

Es ist immer schwierig, staatliche Förderung wieder einzustellen, das zeigen die meist fruchtlosen Versuche beim Subventionsabbau aller Art. Dass aber die Novellen in derart raschen Abfolgen debattiert werden, um immer drastischere Kürzungen durchzusetzen, dürfte in der Geschichte ohne Beispiel sein. Zur Erinnerung: Das letzte EEG wurde von Umweltminister Röttgen mit dem Wortlaut begleitet „es müsse jetzt erstmal wirken“. Diese Aussage galt für gerade einmal vier Monate.

Autor: Volker Eidems
Volker Eidems (Soziologe M.A.) ist gern unterwegs, am liebsten mit dem Rad. Wenn die Strecken aber zu lang oder die Koffer zu groß für den Fahrradanhänger sind, nutzt er möglichst das ökologischste alternative Verkehrsmittel – und das ist gar nicht so einfach zu ermitteln...