Niemand sollte von jetzt auf gleich einen Marathon laufen. Unser Autor Volkhart Rudert hat sich trotz guter Voraussetzungen fast ein Jahr vorbereitet. Nach seinen Erfahrungen werden solche Wunschziele oft zu früh angestrebt.
Erinnerst du dich an deine letzte Tagestour ohne Auto mit Rucksack, bei der du 20 km mit erinnerungswürdigen Erholungspausen an beschaulichen Orten zu Fuß bewältigt hast? Sehr gut, wenn du das häufiger machst, das Wandern meine ich, nicht das Erinnern. In den vergangenen Jahren habe ich einige Bekannte überreden können, mit mir von Oderbrück (800 m ü.NN) über den Goetheweg zum Brocken (1142 m ü. NN), der höchsten Erhebung des Harzes, hinauf zu wandern; die 16 km Hin- und Rückweg mit einer erholsamen Pause im Turmcafé sind auch für Jüngere eine spürbare Belastung. Wandern ist wie sportliches Laufen oder Joggen eine der vielen die Gesundheit fördernden Bewegungsformen, die du ein Leben lang betreiben kannst. Also kann doch ein jeder für sich den Schluss ziehen, dass man nicht zwangsläufig danach streben muss, einen Marathon zu laufen. Aber manchereiner möchte es eben doch und ist gut beraten, sich richtig darauf vorzubereiten. Aber zunächst gilt es die Freude am Laufen bei denen zu wecken, die gerne möchten, aber noch nicht können.
Als ehemaliger Lauftreffleiter sind mir viele Anlässe bekannt, die Menschen dazu bewegen, endlich einmal etwas für die Gesundheit, für den eigenen Körper, also für sich zu tun. Da ist zunächst das Übergewicht: Männer mit meinen 179 cm Körperlänge jedoch 120 kg, junge Frauen mit 165 cm Körperlänge, die davon träumen unter 80kg zu wiegen! Es gibt schlimmere Fälle und viele haben schon eine Menge Geld für Diäten ausgegeben, sich über Kurzzeiterfolge durch Wasserverlust gefreut und festgestellt, dass alles beim alten blieb.
Wer überflüssige Pfunde verlieren will, muss zunächst etwas für den Erhalt oder den Wiederaufbau seiner Muskulatur tun, denn durch Muskulatur erhöhen wir unseren Grundumsatz, auch den Kalorienbedarf in den Ruhephasen – Abnehmen im Schlaf also! Aber wie schon die Römer sagten „Per aspera ad astra“, durch Entbehrung gelangt man zu den Sternen. Bitte, wenn ihr wisst, dass ihr jahrelang keinen Sport getrieben habt, ja noch nicht einmal gewandert seid, sondern eher zur Gruppe der Sofakartoffeln gehört, dann beginnt nicht sofort mit dem Laufen – einmal aus dem Stand 5km gelaufen, am besten noch in der prallen Mittagsonne, weil man dann ja auch so schön braun wird, fast einen Kreislaufkollaps erlitten und hinterher wochenlang Beschwerden beim Gehen gehabt! Dann kommt natürlich “Nein, laufen ist nichts für mich, habe ich doch immer gesagt” und schon hat euch der innere Schweinehund niedergerungen, das ist der mit den tausend Ausreden und der Beherrschung aller Verführungskünste zur Bequemlichkeit. Was er euch nicht verrät, er ist eben derjenige in euch, der den Weg für den Verlust des Wohlfühlens, hin zu Krankheit und Siechtum ebnet. Haut ihm auf die Schweineschnauze, beginnt mit regelmäßiger Gymnastik, 10 Minuten, aber die täglich, bringen euch schon voran.
Das richtige Übungsprogramm
Ich nutze seit einigen Jahren das Übungsprogramm “maxxF Das Super-Krafttraining” von Wend-Uwe Boeckh-Behrens, welches Muskelaufbau, intensiven Fettabbau über Basic- und Komplexprogramme verspricht. Das Gute an der Anleitung ist, dass es für fast alle Übungen auch leichtere Varianten gibt, so dass jeder sich in kleinen Schritten entwickeln kann. Ergänzend dazu empfehle ich von Anfang an Kräftigungs-Übungen für die Achillessehne:
Nach einiger Zeit sollte die Übung im Einbeinstand abwechselnd rechts und links möglich sein. Diese Methode wurde an der Medizinischen Hochschule Hannover entwickelt und hat sich präventiv und zur Behandlung von Beschwerden der Achillessehne bewährt
Das goldene G: GEDULD
Wenn ihr mit dem Laufen beginnt, klebt euch irgendwo das Goldene G der Leichtathletik hin: Geduld! Nichts gelingt, wenn es ungestüm und zu schnell voran getrieben wird, der ungeübte Körper ächzt und stöhnt, wenn ihm plötzlich ungewohnte Bewegungen oder Kraftanstrengungen aufgebürdet werden. Wer erinnert sich da nicht noch an den letzten Umzug, an ein Benefiz-Fußballspiel nach Jahren reinen Fernsehfußballs etc. Der Laufanfänger sollte sich idealerweise einem erfahrenen Lauftreff anschließen, der sich besonders um Anfänger kümmert (einfach mal nach „Lauftreff in meiner Nähe“ googeln).
Mein Tipp für den Einstieg ins Laufen:
Jede Trainingseinheit (TE) beginnt mit dem Einlaufen (EL): Das EL sollte zu Beginn aus fünf Minuten zügigem Gehen (G5), darauf folgend eine Minute langsames Laufen (L1) und nochmals drei Minuten Gehen (G3) bestehen. Somit hast du dich schon einmal neun Minuten eingelaufen (EL9). Dann beginnt die eigentliche TE. Wir fangen ganz bewusst mit geringen Umfängen an, so dass du in der ersten Woche nur 15 Minuten (Ziffer in der letzten Spalte) pro TE übst. Diese kleine Einheit solltest du 3x in der ersten Woche (Wo) durchführen (Mo, Mi, Fr). Gönne dir nach jedem Trainingstag einen Tag Ruhe. Eingeübt werden dein Herz-Kreislaufsystem und die Muskeln, Bänder, Sehnen und Gelenke des gesamten Bewegungsapparates. Das Herz-Kreislaufsystem passt sich am schnellsten an die neue Belastung an.
Legende:
G = Gehen
L = Laufen
Wo = Woche
Zahlen = Minuten
Als Variation kann man die Anzahl der Trainingseinheiten auf mehr Tage in der Woche ausdehnen oder wer es kann auch zweimal am Tag morgens vor der Arbeit und später am Nachmittag nochmals. Man kann kleinere mit größeren Einheiten kombinieren, das sollte dann jeder individuell für sich entscheiden. Wichtig sind besonders zu Beginn die Gehpausen zwischen den Laufzeiten. Wenn ihr das Programm gut durchgezogen habt, dann sollte das Gewicht langsam reduziert worden sein und auch die während der Laufzeit zurückgelegte Strecke wird größer, unmerklich seid ihr auch schon schneller geworden. Ihr könnt jetzt richtig laufen!
Wer darüber hinaus Spaß daran finden sollte, sich mit anderen zu messen, der sollte immer daran denken, Umfänge in kleinen Schritten zu steigern und mit fortschreitendem Alter die intensiven Einheiten wie Intervalltraining und Tempoläufe zugunsten der Ausdauereinheiten zu reduzieren. Der Vorteil der Jugend ist die Schnellkraft, die des Alters die Ausdauer.