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Glück oder Zufriedenheit: 6 Gründe, warum Glück überbewertet wird

Alle reden vom Glück und wie man es erreichen kann. Trotzdem wirken viele Menschen unzufrieden. Wie kann das sein? Ganz einfach: Glück und Zufriedenheit sind nicht dasselbe!
von Manuela Hartung
Glueck oder Zufriedenheit© Balazs Kovacs Images - Fotolia.com

Über das Glück werden Bücher geschrieben, Filme gedreht, Lieder komponiert. Jeder sucht danach, doch es scheint immer schwieriger zu sein, es auch zu finden. Vielleicht verwechseln wir es einfach? Hier sind sechs Gründe, warum wir nach etwas ganz anderem streben sollten: Nämlich nach Zufriedenheit.

1. Die Suche nach dem Glück ist anstrengend – Muss man eigentlich immer glücklich sein?

Es gibt Kreuzfahrten ins Glück, Glücksratgeber, endlos viele Sprüche und Zitate und genauso viele Definitionen. “Lächle doch mal” heißt es vor jedem Foto, schaut man einmal weniger froh, heißt es gleich “Stimmt etwas nicht?” Manchmal scheint es, als gäbe es nur noch zwei Zustände, die man haben darf: Entweder bist du gestresst (weil du wichtig bist) oder du bist glücklich (dann ist ja alles in Ordnung). Oder aber du bist gestresst, weil du krampfhaft versuchst, glücklich zu sein. Dass das nicht zufrieden machen kann, ist eigentlich logisch.

Glück” ist eine erstrebenswerte Maßeinheit geworden. Medien, Produkte, Politiker – alle versprechen, uns glücklich zu machen. Doch zu funktionieren scheint das nicht, sonst müsste uns nicht immer etwas neues angeboten werden. “Ein glückliches Leben” zu führen wird so oft gepriesen, dass man sich eigentlich sofort fragen muss:

Ist Glück etwas so unerreichbares geworden? Und setzen wir uns nicht viel zu sehr unter Druck, es erreichen zu müssen?

2. Glück und Zufriedenheit haben nichts mit Wohlstand zu tun

Eigentlich ist es doch paradox: In einem der reichsten Länder der Welt, in dem man sich alles kaufen kann, was das Herz begehrt, jagen die Menschen dem Glück hinterher. Man sollte doch annehmen, dass wir zufriedener wären, schließlich bleibt uns kaum ein äußeres Vergnügen verschlossen.

Dennoch ist Deutschland im “World Happiness Report 2015” der UNO erstaunlich weit hinten: Auf Platz 26. Erfasst wird das subjektive Wohlbefinden gemessen an:

  1. Der Bewertung des eigenen Lebens
  2. Dem Vorhandensein positiver Emotionen (Freude, Stolz)
  3. Dem Vorhandensein negativer Emotionen (Schmerz, Zorn, Sorgen)

Wohlstand mag zwar durchaus einzelne Aspekte mit beeinflussen, doch zeigt die schlechte Platzierung Deutschlands deutlich, dass er schlichtweg nicht ausschlaggebend ist. Die USA liegt übrigens auf Platz 15. Trotz massiver Schulden, fehlender Krankenversicherung und ständiger Terrorangst.

3. Mehr ist nicht genug – Deshalb fällt es uns immer schwerer, zufrieden zu sein

Das ist ein Werbeslogan, der die Problematik sehr deutlich auf den Punkt bringt: Wohlstand macht uns nicht glücklich, weil wir nie völlig zufrieden sind. Immer gibt es noch etwas besseres, das wir erreichen könnten. Immerhin werden wir schon von Kindesbeinen an zu willigen Konsumenten erzogen, die nicht etwa ein Produkt so lange nutzen, bis es kaputt ist, sondern nur, bis das neue Modell auf den Markt kommt – Stichwort Wegwerfgesellschaft.

Das Problematische an einer solchen Konsumgesellschaft ist, dass diese Mentalität häufig nicht beim Konsum halt macht, sondern darüber hinaus geht. Noch nie gab es so viele Singles in Deutschland. Das mag sicher auch damit zu tun haben, dass die Ehe keine Verpflichtung mehr ist, so wie früher. Ein weiterer Grund ist aber auch der Hintergedanke: “Gibt es nicht vielleicht noch einen besseren Partner für mich? Jemanden, der mich noch glücklicher macht?”

Wir wollen immer höher hinaus, immer noch etwas besseres, immer noch mehr. Dabei mag man zwischenzeitig durchaus glücklich sein. Momente des Glücks gibt es immer wieder in unserem Alltag. Doch etwas anderes bleibt dabei völlig auf der Strecke: Die Zufriedenheit.

4. Glück ist nicht dasselbe wie Zufriedenheit – Wann ist man eigentlich zufrieden?

Glücklich sein ist nicht dasselbe, wie zufrieden zu sein. Und unglücklich sein ist auch nicht dasselbe, wie unzufrieden zu sein.

Ein glücklicher Zustand ist eine Momentaufnahme. Das Gefühl von Glück kann uns in ganz unterschiedlichen Situationen durchströmen: Man trifft einen geliebten Menschen, sieht einen schönen Sonnenuntergang oder isst sein Lieblingsgericht. Darin ist jedoch schon impliziert: Ein Glücksmoment geht wieder vorbei. Er ist zeitlich begrenzt und macht uns so zwar froh, ist jedoch nicht von Dauer.

Ganz anders die Zufriedenheit. Sie lässt sich so definieren:

  1. Innerlich ausgeglichen sein
  2. Nichts weiteres verlangen, als das, was man hat
  3. Einverstanden sein mit dem, was ist

Dabei muss man sich gar nicht kontinuierlich glücklich fühlen, wenn man zufrieden ist. Denn traurig zu sein ist nichts verwerfliches.

5. Traurig sein ist wichtig – Man darf auch mal unglücklich sein

Ebenso wie sich glücklich zu fühlen, ist auch das unglücklich fühlen ein zeitlich begrenzter Zustand. Und dabei sogar ein für unsere Psyche und unser Wohlbefinden sehr wichtiger. Kein Mensch kann ohne negative Emotionen durchs Leben gehen, man kann sie nicht vermeiden und darf sie schon gar nicht verdrängen.

Zu weinen, zu trauern und den eigenen Schmerz zuzulassen sind wichtige Aspekte für einen mentalen Heilungsprozess. Unglück kann nicht verarbeitet werden, wenn es einfach nur beiseite geschoben wird. Natürlich darf man sich in seiner Trauer nicht verlieren, sonst kann sie tatsächlich zur Unzufriedenheit werden.

Wichtig ist: Du musst nicht immer super gut drauf sein. Du darfst auch mal schlechte Tage haben, dich in eine Decke einkuscheln und hemmungslos weinen. Das geht vorbei. Und es sagt nichts darüber aus, wie erfolgreich dein Leben ist – oder wie zufrieden du mit dir selbst bist.

6. Zufriedenheit lernen, statt das Glück zu jagen – Wie wird man zufriedener?

Letztlich ist es sinnvoller, nach Zufriedenheit statt nach dem Glück zu streben. Denn wenn du den Zustand der Zufriedenheit erreichst, kommt das Glück ganz von alleine. Dazu gehören viele Faktoren, die sicher nicht von jetzt auf gleich umzusetzen sind, aber an denen es sich lohnt, zu arbeiten:

  • Akzeptiere dich, wie du bist
  • Akzeptiere andere, wie sie sind
  • Sei nicht neidisch auf den Besitz anderer
  • Zeige Wertschätzung für das was du bist, besitzt und erreicht hast
  • Wenn du mit bestimmten Aspekten unzufrieden bist, dann ändere sie, anstatt dich nur darüber zu beschweren

Wenn diese Punkte dir schwer fallen, dann setze dich mit ihnen auseinander. Es gibt viele Ratgeber oder Personal Coaches, die dir dabei helfen können. Du wirst sehen: Wenn die Basis deines Lebens die Zufriedenheit ist, wirst du dich häufiger glücklich fühlen, dich über etwas freuen können und dir erlauben, die Emotionen zu haben, für die es gerade Zeit ist. Denn: Alles hat seine Zeit.

“Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde:
geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit;
pflanzen hat seine Zeit, ausreißen, was gepflanzt ist, hat seine Zeit;
töten hat seine Zeit, heilen hat seine Zeit;
abbrechen hat seine Zeit, bauen hat seine Zeit;
weinen hat seine Zeit, lachen hat seine Zeit;
klagen hat seine Zeit, tanzen hat seine Zeit;
Steine wegwerfen hat seine Zeit, Steine sammeln hat seine Zeit;
herzen hat seine Zeit, aufhören zu herzen hat seine Zeit;
suchen hat seine Zeit, verlieren hat seine Zeit;
behalten hat seine Zeit, wegwerfen hat seine Zeit;
zerreißen hat seine Zeit, zunähen hat seine Zeit;
schweigen hat seine Zeit, reden hat seine Zeit;
lieben hat seine Zeit, hassen hat seine Zeit;
Streit hat seine Zeit, Friede hat seine Zeit.” – Buch Kohelet Kapitel 3 Vers 1-8

Mehr Informationen: Der World Happiness Report

Autorin: Manuela Hartung
evidero-Redakteurin Manuela Hartung hat an der Uni Köln Germanistik, Linguistik und Phonetik studiert. Zu ihren Hobbies zählen Radfahren und kreatives Schreiben.