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Familie bewusst wahrnehmen: Eltern und Kinder – Den lebenslangen Bund auf beiden Seiten positiv gestalten

„Die eigene Familie wird man nicht los.“ Was so hart und negativ klingt, hat auch etwas Positives. Eltern und Kinder, das ist ein lebenslanger Bund, ein Band, das sich nicht durchschneiden lässt. Selbst wenn einer die Brücken abreißt, die Trümmer bleiben ein Leben lang liegen.
von evidero Redaktion
Eltern-Kind-Beziehung © Alekss - Fotolia.de

Herkunft prägt. Das weiß so ziemlich jedes Kind – und jeder Erwachsener, denn jeder hat das als Kind mitgemacht. Eltern sind identitätsstiftend und wegweisend, sie schenken ihren Nachkommen das Leben und führen sie danach in dieses hinein. Was zunächst ein Beschützen ist, wird später ein Betreuen und schließlich nur noch Begleitung – denn die Beziehung zu den Eltern verändert sich im Leben.

Das ist nicht immer positiv: Viele Familien leben sich während ihres Lebens auseinander. Scheidung? Unverständliche Entscheidungen? Die Liste der Gründe für einen Bruch in der Beziehung ist lang. Fakt ist aber, dass niemand diese Trennung gern durchmacht. Es mag zu Beginn gut tun und eine Erleichterung sein, für eine Zeit lang getrennte Wege zu gehen, dann aber wird es weh tun – und irgendwann kommt das drängende Gefühl, zurück zu gehen.

Das Band, das vielleicht zu einem dünnen Nylon-Faden geworden ist, hängt eben doch noch irgendwo an beiden Enden fest.

Aber dazu muss es nicht kommen. Denn alle Parteien können diese Beziehung mitgestalten. Väter, Mütter, Söhne, Töchter – alle tragen etwas zum Gelingen der Beziehung bei. Und auch wenn einer Fehler macht, können die anderen aktiv daran arbeiten, diesen aus der Welt zu schaffen – das tut Not. Denn Familie wird man nicht los. Ein Dossier über positive Bindungen und das Verzeihen.

Wurzeln und Flügel: Warum die Familie so prägend ist

Wohl keine Beziehung ist so prägend für das Leben, wie die zu den Eltern. Keine Beziehung wirkt sich so stark auf unser Leben und Handeln aus, wie die, die Mutter und Vater zu uns unterhalten haben. Und keine Beziehung lässt sich so schwer beenden.

Die Rede ist von den Eltern, der Abstammung, den Wurzeln, die zu einem großen Teil bestimmen, wer wir sind. Die Forschung streitet sich immer wieder darüber, ob es Genetik oder gelerntes Verhalten ist, was uns primär prägt. Mal steht das eine im Vordergrund, mal wird gar davon gesprochen, dass gemachte Erfahrungen in die DNA übergehen und so zwangsläufig die Kinder prägen – eine logische Konsequenz, denkt man an Darwinismus und die natürliche Weiterentwicklung einzelner Spezies.

Allerdings kann nicht eine gesamte Persönlichkeit auf dem DNA-Strang wiedergegeben sein. Dafür reicht schon ein Gedankenexperiment: Welches Verhalten der eigenen Eltern hat dich so sehr gestört, dass du es auf keinen Fall annehmen wolltest? Denn auch abseits von Traumata entwickelt sich der Mensch der Umwelt entsprechend.

Besonders in der Pubertät wird die eigene Identität nach dem Konzept von Vorbildern und Spiegelbildern geformt – sie suchen sich dabei Vorbilder, die sie nachahmen. Zeitgleich wird Verhalten aber auch umgekehrt, das vorher Ablehnung erfahren hat. Beides führt zum Ausprobieren. Wie diese Versuche von der Umwelt aufgenommen und verarbeitet werden, lenkt die Identität wiederum in eine gewisse Richtung.

Identitätskonzepte und die Rolle der Herkunft

Letztendlich ist es also nicht die reine Genmischung, die bestimmt wer wir werden. Dabei wären beispielsweise Adoptivkinder zu nennen, die oftmals in ganz anderen Familien aufwachsen und dennoch das gelernte Verhalten später anwenden und dadurch nicht zwangsläufig zu einem Abbild ihrer biologischen Eltern werden.

Besonders Humor, Essverhalten, soziale und politische Haltungen sowie die Neigung zu körperlicher Aggressivität werden nachweislich durch die Erziehung beziehungsweise die Erfahrungen in der Familie geprägt. Das lässt sich an Adoptivkindern zeigen, die zusammen mit Kindern der Pflegefamilie aufwachsen – diese entwickeln sich optisch zwar ihren biologischen Eltern entsprechend, entwickeln sich sonst aber dem gelernten Verhalten entsprechend.

Ob als Säugling, Kleinkind oder Jugendlicher – jede Erfahrung kann dabei prägend sein, die Persönlichkeit unterliegt einer ständigen Entwicklung. Besonders einschneidend wirken schwere Traumata, abgesehen davon ist es aber in erster Linie das Umfeld, dass gewisse Persönlichkeitsmerkmale – wie den Humor und das Verständnis dafür, was witzig ist – formt.

Dieses wirkt auch später noch auf die eigene Entwicklung ein. Freunde, Partner oder auch die Familie können auch im späteren Leben noch persönlichkeitsverändernd sein. Der Charakter ist dann allerdings recht gefestigt, entsprechend selten ist ein Umschwung im höheren Alter. Die Möglichkeit besteht aber, auch wenn Erwachsene so wie Kinder schon sich ihr Umfeld selbst aussuchen. Nicht umsonst heißt es: „Freunde sind selbstgewählte Familie.“

Kinder auf den Weg ins Leben begleiten

Auch früh wählt das Kind schon selbst, in welche Richtung es sich begibt. Dabei greift es vor allem Angebote auf, die von den Eltern gemacht werden. Das reicht weit: Mögliche Hobbies, soziale Kontakte, sportliche Aktivitäten und auch die bereits erwähnten Essensvorlieben ergeben sich daraus, was zuhause angeboten wird.

Zwischen Ablehnen und Annehmen kann das Kind selbst entscheiden, dafür reicht der Wille bereits. Dennoch: Ein möglichst breites Angebot kann auch zu vielfältig ausgebildeten Interessen führen.

Baby geborgen in den Händen der Eltern © jbrown – Fotolia.de

Die Eltern können also doch nicht so stark lenken, wie vielleicht angenommen. Natürlich wirkt auch die Erziehung darauf ein, aber auch da hat das Kind immer die Wahl, etwas zu spiegeln statt anzunehmen. Eine autoritäre Mutter mit einem schwierigen Kind wird sich vermutlich zu einem aggressiv-autoritären Erziehungsstil verleiten lassen.

Ein einfaches Kind würde sich beugen und sich leiten lassen, das schwierige Kind hingegen kann sich dazu entscheiden, genau dieses Verhalten auch so auszuleben – so werden Kinder auf dem Weg ins Leben tatsächlich von allem um sie herum geprägt und von den Eltern ins Leben begleitet. Der Rest ist Entscheidungssache.

Grundsteine der Beziehung legen

Während Verhalten und Vorlieben also nur aus Angeboten entstehen, hat die Beziehung zwischen Eltern und Kindern einen ganz anderen Einfluss auf das weitere Leben. Diese ist nämlich Grundstein jeder Beziehung, die das Kind später eingehen kann. Die emotionale Entwicklung beginnt schon im Mutterleib, danach wird diese unmittelbar ausgebaut. Eine stabile Bindung zwischen Eltern und Kind sowie eine stabile Beziehung zwischen den Eltern legen den Grundstein für eine solide Beziehungsfähigkeit.

Dazu gehören sowohl Vertrauen, als auch der ständige Dialog und die Bereitschaft, an sich selbst zu arbeiten. Während Erwachsene darüber bewusst nachdenken, übernehmen Kinder diese Fähigkeit von ihren Eltern ganz unbewusst. Zu kommunizieren und auch im Streit noch das Gefühl zu haben, geborgen zu sein und liebgehabt zu werden – all das sind Dinge, die für eine positive emotionale Entwicklung notwendig sind und sich – wenn sie unerfüllt bleiben – in einer negativen Art, Bindungen anzugehen, niederschlagen können.

Eltern sein: Kinder erziehen und ziehen lassen

Das bedeutet:

  1. Eltern können ihren Kindern nur Angebote machen – ob sie diese annehmen bestimmen sie selbst
  2. Kinder haben schon früh einen eigenen Willen und gestalten ihre Umwelt nach ihren Vorlieben durch Annehmen und Ablehnen
  3. Die emotionale Entwicklung beginnt bereits im Mutterleib
  4. Der Grundstein jeder folgenden Beziehung ist eine positive emotionale Entwicklung, gestützt durch die Eltern

Die Eltern haben also einen maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung des Kindes, wenn sie auch nicht für jedes Detail verantwortlich ist. Der Genpool spielt eine Rolle, genauso aber auch das Interesse des Kindes, das gewissermaßen im Innern vorprogrammiert ist.

Wie Eltern sich als Eltern geben und verhalten formt aber dennoch den Weg ins Leben für die Nachkommenschaft. Das Problem: Ein Paar, das ein Kind bekommt, ist nicht automatisch das perfekte Elternpaar. Es ist eine Entwicklung, ein Prozess. Eltern können viel falsch machen – aber das ist ja auch gut so, Eltern und Kinder müssen schließlich erst zusammen wachsen, sich gegenseitig kennen lernen. Und lernen, im richtigen Augenblick loszulassen, was vielen ganz besonders schwer fällt.

Es kommt noch erschwerend hinzu, dass ein Kind je nach Lebensphase etwas anderes braucht. Schon im ersten Lebensjahr sorgen die diversen Wachstumsschübe für eine kurzfristige Verhaltensänderung und für eine Rückkehr zu abgelegten Verhaltensweisen und Abhängigkeitsstrukturen.

So sind diese „Sprünge“ in der Entwicklung zu Beginn häufig ängstigend für ein Kind. Eine Mutter, die darauf nicht mit Verständnis reagiert, sondern aus Angst, das Kind können einen Rückschritt machen, das Bedürfnis nach mehr Aufmerksamkeit negiert, sorgt dafür, dass das Kind sich alleine seiner Angst hingeben muss.

Eltern sein ist schwer – und die Unterscheidung, wann Bedürfnisse angenommen, wann zu Erziehungszwecken negiert und wann ein sich selbst überlassen notwendig ist, ist gar nicht so leicht. Das erleben Eltern weit über das Säuglingsalter hinaus – auch erwachsene Kinder machen schließlich in den Augen der Eltern Fehler, die nicht immer einfach hinzunehmen sind.

Ein Gang durchs ganze Leben: Vom Kind zum Erwachsenen

Der Weg bis zum erwachsenen Kind ist also gesäumt von unterschiedlichsten Entwicklungsphasen und Bedürfnissen. Eine Pauschalisierung dieser ist nicht möglich. Zu unterschiedlich sind Kinder, zu anders die verschiedenen Persönlichkeiten. Ein Patentrezept gibt es schlichtweg nicht.

Das heißt jedoch nicht, dass keine Möglichkeit besteht, den Bund zwischen Eltern und Kindern in jedem Alter positiv zu gestalten. Denn selbst in der Pubertät, die wohl schwierigste Phase für beide Seiten, die Loslösung von den Eltern und Suche der eigenen Identität bedeutet, können Gemeinsamkeiten die Familie zusammen halten und die Beziehung zwischen Mama und Kind oder Papa und Kind bereichern.

Diese Gemeinsamkeiten entstammen zumeist der Lebenswelt der Kinder. Beginnt also ein Mädchen schon früh Interesse an Pferden zu entwickeln und Reitstunden zu nehmen, kann sich ein Elternteil anschließen und das Hobby mit dem Kind zusammen erlernen. Diese Gemeinsamkeiten können so lange erhalten bleiben, wie beide daran Spaß haben und keiner sich distanzieren will.

Dabei ist nicht mal die Mutter immer zwangsläufig Identifikationsobjekt für ein Mädchen. Auch der Vater kann zum Vorbild werden und bei der Identitätssuche unbewusst assistieren. Ein Beispiel dafür ist die aktuelle Wendung zur „Dad-Fashion“, die vor allem bei Teenagern und jungen Erwachsenen umgreift.

Das Aufgreifen der männlichen Kleidungsweise hat dabei sowohl was mit Abgrenzung der Mutter gegenüber als auch der Annäherung an das Identifikationsobjekt zu tun. Das muss nicht analysiert werden oder in irgendeiner Form gezielt gelenkt werden – stattdessen ist es eine Möglichkeit, sich einfach einzuklinken und als Vater mal mit der Tochter einkaufen zu gehen oder ihr den eigenen Kleiderschrank zu öffnen.

Mutter Tochter Beziehung © Martinan – Fotolia.de

Wird die eigene Lieblingscap hergegeben, damit die Tochter damit glänzen kann, ist das ein großer Vertrauens- und Liebesbeweis – etwas, das gerade in der Pubertät dringend nötig ist. Das kann selbstgemachte Grenzen überwinden und wieder einen Zugang liefern, der vielleicht vorher verloren schien.

Diese Chancen immer wieder zu nutzen und den Kontakt zu vertiefen, zu akzeptieren dass die Beziehung sich wandelt und nicht immer die gleiche bleibt – das müssen Eltern sowohl in der Beziehung mit dem Partner als auch mit dem Kind erlernen.

Loslassen: Lernen und Machen

Dazu gehört vor allem: Loslassen. Denn der kleine Mensch, der zu Beginn noch volle Aufmerksamkeit braucht, den Schutz der Eltern und deren Urteils- und Entscheidungsvermögen benötigt, um sich gefahrlos durch die Welt zu bewegen, wächst zum eigenständigen Individuum heran.

Das bedeutet sowohl, dass das Kind eigene Entscheidungen trifft als auch eigene Fehler machen muss. Denn Eltern können ihre Nachkommenschaft nicht vor allem schützen.

Das fängt schon im Kleinkindalter an, wenn die Eltern genau sehen, dass die aktuelle Position unter dem Tisch garantiert für eine Beule sorgen wird. Oder wenn sie befürchten, dass der Stuhl umfällt, an dem sich das Kleine gerade hochzieht. Wer jetzt hinläuft und dem Kleinkind die Erfahrung nimmt, da die Beule oder die Schmerzen beim Umfallen dem Kind nicht zugemutet werden können, nimmt auch den wichtigen Lerneffekt raus: „An Dingen über mir kann ich mich stoßen“ oder „ich muss den Stuhl anders greifen, damit ich mein Körpergewicht hochwuchten kann“.

Hier loszulassen und dem Kind die eigenen Erfahrungen zuzutrauen – das ist essentiell und wichtig für die Entwicklung. Denn wenn es dann gut geht und der Stuhl nicht umfällt, der Arm nicht abrutscht oder der Kopf beim Rausrobben nicht am Tischbein landet, ist das Erfolgserlebnis umso größer.

So lernen Eltern, loszulassen. Dieser Lernprozess hat viel mit der eigenen Ängstlichkeit zu tun. Und oft auch mit einer bewussten Entscheidung. Häufig wissen sie, das Loslassen angebracht wäre, tun es aber nicht. Manchmal hilft dann nur noch: Eben einfach doch machen. Weil es sein muss und weil eine Beziehung sich nur durch Loslassen weiterentwickeln kann, wie auch in der Liebe.

Eigenständigkeit akzeptieren

Mit steigendem Alter kommt dann auch mehr Eigenständigkeit, so dass Eltern ohnehin loslassen müssen. Ein Kind trifft spätestens als junger Erwachsener ganz eigene Entscheidungen. Die Eltern können da zwar noch beratend zur Seite stehen und auch mal eine Meinung äußern, aber die kategorische Ablehnung einer Entscheidung oder gar des gesamten Lebenswandels des Kindes führt zu einer starken Belastung der Beziehung, früher oder später vielleicht gar zum Bruch innerhalb der Familie – keine erstrebenswerte Situation, für keine der beiden Seiten.

Deshalb tut es schlicht und einfach Not zu akzeptieren, dass Kinder irgendwann ihre eigenen Entscheidungen treffen. Als Eltern wird man nicht glücklich wenn man das nicht hinnehmen kann – das Kind leidet ebenfalls darunter. Dieses zu akzeptieren wie es ist und einfach anzunehmen, dass auch ungern gesehene Seiten zum eigenen Kind gehören, ist Ausdruck der bedingungslosen Elternliebe: Das Kernstück einer Eltern-Kind-Beziehung.

Kind sein: Bewusst sein und handeln

Tatsächlich gehören aber mehrere dazu, diese Beziehung auszuformen. Mutter, Vater und auch das Kind höchst selbst trägt dazu bei, wie sich die Familiensituation gestaltet. Als Kleinkind und bis zum Jugendalter wird es das nicht bewusst wahrnehmen. Aber alle großen Kinder – und letztendlich bleibt jeder von uns das Kind unserer Eltern, auch wenn diese irgendwann nicht mehr sind – können sich ihre Rolle bewusst machen.

Eltern-Kind-Beziehung, das ist keine Einbahnstraße – es ist auch eine Kind-Eltern-Beziehung, die sich mit den Lebensjahren wandelt. Die ersten 20 Jahre nimmt ein Kind in der Regel mehr als es gibt.

Mit 30 Jahren oder manchmal auch schon früher ist dann ein Wendepunkt zu erkennen: Die beiden „Parteien“ finden sich nun auf einem ähnlichen Level im Leben wieder, das Kind kann genau so viel geben wie es nimmt. Und dann, mit ca. 40 Jahren, wendet sich das Blatt erneut und die Eltern stützen sich mehr auf die Kinder als zuvor.

Die Eltern bewusst wahrnehmen

Erwachsene Frau mit ihrer Mutter © WavebreakMediaMacro – Fotolia.de

Diese Phasen gliedern gewissermaßen die Beziehung zwischen einem Kind und seinen Eltern. Wie auch bei der Kindererziehung selbst hat jede Phase ihre eigene Besonderheit, der Tribut gezollt werden will.

Gerade wenn die Eltern also beginnen, sich mehr auf die Kinder zu stützen und die familiäre Hilfe vermehrt in Anspruch nehmen, müssen Kinder sich bewusst machen, dass sie jetzt eine tragende Rolle einnehmen. Die Eltern werden gewissermaßen „alt“. Allerdings sind sie dadurch keine alten Leute per se. Stattdessen sind es immer noch die eigenen Eltern mit ihren Eigenheiten und persönlichen Eigenschaften.

Das kann kräftezehrend sein, denn was einen an den eigenen Eltern nervt, sind häufig ungeliebte Eigenschaften, die wir selbst übernommen haben. Wie diese es auch im eigenen Kleinkindalter gemacht haben, geht es aber jetzt darum, die Bedürfnisse anzunehmen und zu erfüllen – denn auch im Alter werden noch Phasen der inneren Entwicklung durchgemacht.

Die Eltern als Person bewusst wahrzunehmen – mit Stärken und Schwächen – und das in der Pubertät entidealisierte Bild heranzuziehen, hilft damit bewusst umzugehen.

Das ist übrigens nicht nur im Alter so. Auch schon vorher, wenn Eltern sich gegen eigene Entscheidungen oder gar den Lebenswandel auflehnen, hilft es, die Eltern bewusst wahrzunehmen. Wie weit ist die emotionale Entwicklung meiner Mutter fortgeschritten? Gab es in ihrer Familie vielleicht auch immer wieder Ablehnung statt offener Kommunikation? Ist sie überhaupt fähig dazu, anders zu reagieren?

Die Antworten auf diese Fragen helfen, in Streitsituationen ruhig zu bleiben und das Problem von den emotionalen Faktoren zu lösen – loslassen ist auch hier ein wichtiger Schritt zum Frieden mit sich selbst und den Eltern.

Das innere Kind: Der Quälgeist in uns

Auch als Erwachsener bleibt man immer Kind. Das „innere Kind“ ist ein Konzept der ungelösten Konflikte aus der Kindheit, die uns immer wieder im Wege stehen.

Bei jeder sozialen Interaktion im Alltag sind wir schließlich von unseren frühen Kindheitserfahrungen geprägt, ganz besonders auf der emotionalen Ebene. Immer wenn eine Situation auftritt, die einer unangenehmen Erfahrung aus der Kindheit ähnelt, reagiert das innere Kind statt der erwachsene Verstand – und du bist unfähig, die emotionale von der rationalen Reaktion zu trennen.

Gerade im Umgang mit den eigenen Eltern mischt sich das innere Kind immer wieder ungefragt ein – denn schließlich entstammt es dieser Beziehung. Das innere Kind wird in der Kindheit geprägt, wo die eigene Lebensfähigkeit von der Fürsorge der Eltern abhängig war. Treffen nun die prägenden Charaktere wieder aufeinander, kommt es häufig vor, dass dem inneren Kind bekannte Situationen auftreten. Das Ergebnis: Eine emotionale Überreaktion.

Diesen Quälgeist abzustellen funktioniert allerdings nicht. Denn das innere Kind ist auch immer mit kindlicher Freude verbunden, der Freude an den kleinen Dingen – etwas, das wohl niemand in seinem Leben missen will. Aber es hilft, sich des inneren Kindes bewusst zu sein und die Auslöser zu kennen, die es dazu bringt, sich trotzig mit den Fäusten trommelnd auf den Boden zu werfen.

Denn wer diese kennt, kann mit Achtsamkeit an sie heran treten und eben doch rational reagieren, das innere Kind mit der inneren Stimme besänftigen und so wie ein Erwachsener agieren – eine Fähigkeit, die gerade im Umgang mit den Eltern hilfreich ist.

Teil des Ganzen sein: Die eigene Rolle finden und annehmen

Eine Familie, das sind Eltern und ihre Kinder. Jeder pflegt untereinander verschiedene Beziehungen in diesem Gefüge. Allen voran natürlich die Eltern, die überhaupt den Grundstein für die Familie gelegt haben. Auch das Kind zum Vater, zur Mutter und zu den eventuellen Geschwistern. Es handelt sich also um ein komplexes Beziehungsgefüge.

Jeder hat darin seinen Platz. Das Herzstück nimmt häufig die Mutter ein, während der Vater sich über alles stellt und beschützend seine Hand über die Familie hält. Je größer die Kinder werden, desto deutlicher zeichnet sich auch ihre Rolle darin ab: Manche sind für die Auflockerung zuständig, für das Leben und die Freude. Andere sind die Bedenkenträger, die entschleunigen können. Andere wiederum können die Treiber sein, die immer wieder dafür sorgen, dass die Familie zusammen kommt, was gerade mit zunehmendem Alter immer schwieriger wird.

So wie also jeder seinen Teil abdeckt und bewusst, vielleicht aber auch unbewusst seine Rolle einnimmt, bleiben gewisse Dinge auch immer ungewollt an einem hängen. Der Treiber beispielsweise ist unglücklich darüber, dass niemand sonst mal etwas initiiert und das immer die eigene Initiative gefragt ist, bevor mal eine Familienunternehmung zu Stande kommt.

Allerdings sind auch die Kehrseiten der zu den Rollen gehörenden Medaillen zu sehen – man könnte also sagen, in einem Beziehungsgefüge gibt es immer spezifische Aufgaben, die von ein und derselben Person ausgeführt werden „müssen“. Statt darauf genervt zu reagieren, ist es besser, diese anzunehmen und sich vielleicht einmal in die anderen hineinzuversetzen: Denn vielleicht ist auch der auflockernde Part genervt von der sonst eher trüben Stimmung.

Aber erst wenn jeder seine Rolle kennt und annimmt, funktioniert dieses Gefüge „Familie“ auf Dauer richtig gut.

Fehlbarkeit erleben, Verzeihen lernen

Dennoch kommt es immer wieder zu Konflikten. Die können einer Überreaktion des inneren Kindes entspringen, einer ablehnenden Haltung der Eltern gegenüber einer spezifischen Handlung oder eines Lebensbereiches. Oder aber es sind schlicht mehrere starke Charaktere, die in der Familie immer wieder aufeinander treffen.

Hände einer Familie © Victoria M – Fotolia.de

Egal woher der Konflikt rührt: Jeder ist fehlbar, was es anzunehmen gilt. Sowie sich selbst verzeihen zu einem glücklicheren Leben führt, gehört das auch in der Familie dazu. Dabei sind oft mehr Emotionen in der Situation verhaftet als in einer ähnlichen mit Freunden.

Aber: Eltern werden nicht als Eltern geboren. Sie sind wie jeder andere Mensch fehlbar. Das als Kind zu erleben – auch als erwachsenes – tut weh. Aber ein Bruch in der Familie tut häufig noch viel mehr weh. Und wenn nicht von Beginn an, weil da erstmal diese große Erleichterung ist, dann doch irgendwann.

Deswegen ist eines in der Familie essentiell: Verzeihen lernen und die Eltern als fehlbare Menschen annehmen, so wie sie sind.

Bewusst gestalten, loslassen, akzeptieren und verzeihen: Ein lebenslanger Prozess

Eltern wird man nicht los. Umgekehrt werden Eltern ihr Kind nie los. Es handelt sich um die vielleicht wichtigste Bindung im Leben, die sich immer wieder wandelt. Die lebenslange Verbundenheit kann sich je nach Genen, gelerntem Verhalten und emotionaler Reife der einzelnen Beteiligten schwierig oder einfach gestalten.

Definitiv aber wandelt sie sich ständig. Es ist ein stetiger Prozess des Annehmens und des Loslassens und des Bewusstmachens: Wir sind alle nur Menschen, die fehlbar sind, denen verziehen werden muss.

Das müssen wir sowohl bei uns selbst lernen, als auch bei anderen – gerade innerhalb der Familie mag das schwierig sein, denn das innere Kind funkt gerade in dieser Konstellation immer wieder dazwischen. Wenn aber ein Bewusstsein dafür besteht, das jeder einzelne mit seinen eigenen „Dämonen“ zu kämpfen hat und auch nicht aus seiner Haut kann – inklusive einem selbst – dann wird das einfacher.

Eine gute Grundlage, um den lebenslangen Bund zwischen Eltern und Kind von beiden Seiten bewusst und mit positiven Gefühlen zu gestalten. Denn Familie ist immer da – ein Leben lang.

evidero Redaktion
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