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(Gefährliche) Wut im Bauch: 4 Arten von Aggression, die dir im Alltag begegnen

Aggressionen begegnen wir alle. Allerdings äußern sich diese je nach Form anders. Beispielsweise erlebt man die konstruktive Aggressionen völlig anders, als die heiße Aggression. Dementsprechend muss man die Art und Weise, wie man damit umgeht der Form der Aggression anpassen. Unsere Expertin Heike Leye stellt vier Formen der Aggression vor und gibt Vorschläge, damit umzugehen.
Heike Leye
von Heike Leye
Gesicht einer freundlichen und einer wütenden Frau © pathdoc - Fotolia

Die Begegnung mit aggressiven Menschen ist oft unangenehm und verunsichert viele Menschen. Aggressionen wirken oft bedrohlich. Man kann lernen, mit Aggressionen umzugehen, indem man, anfängt sich mit dem Thema in einem ersten Schritt zu beschäftigen. Los geht’s:

1. Die konstruktive Aggression

Die „schönste“ Art der Aggression. Diese benötigen wir in einem gesunden Maß, weil sie uns im Leben voran bringt. Die konstruktive Aggression steht dafür, aktiv zu sein, das Leben anzupacken und nach vorne zu gehen. Widerstände gehören dazu und werden angenommen.

Die konstruktive Aggression benötigen wir, um Ziele zu erreichen. Wir benötigen auch ein Mindestmaß an konstruktiver Aggression, um den Mut zu haben, zum Beispiel einen anderen Menschen im Gespräch konstruktiv zu kritisieren oder auch Situationen kritisch zu hinterfragen und sich abzugrenzen oder um sich auf neue Situationen einzulassen.

Konstruktiv ist die Aggression solange, wie sie anderen Menschen (eingeschlossen dich selbst) keinen Schaden zufügt. Wie so oft im Leben kommt es auf das Maß an.
Also: Ein gesundes Maß an konstruktiver Aggression zu haben ist absolut wünschenswert.

Konstruktive Aggression ist auch wichtig für das Vorankommen im Job, destruktive schadet jedoch sehr. Hier erfährst du mehr darüber, wie du Aggressionen am Arbeitsplatz richtig begegnest

2. Die passive Aggression

Menschen, die passiv aggressiv sind, fühlen sich oft ungerecht behandelt und haben in vielen Lebensbereichen negative Denkmuster und Glaubenssätze, die tief sitzen und dort auch arbeiten. Diese Denkmuster haben natürlich ihre Berechtigung, denn sie entstanden aufgrund negativer Erfahrungen mit anderen Menschen.

Passiv aggressive Menschen tragen Konflikte nicht offen aus. Sie haben es nie gelernt oder wurden dafür bestraft, wenn sie sich positionieren wollten. Sie fallen dadurch auf, dass sie sich entziehen, ein vermeidendes Verhalten haben, unterlassend handeln und Prozesse blockieren.

Sie führen Aufgaben nicht aus oder verschieben diese extra lang nach hinten. Das kann sowohl auf berufliche als auch private Situation bezogen sehr anstrengend werden.

Bei passiv aggressiven Menschen ist ein Widerstand spürbar, der nicht offen kommuniziert wird. Manchmal wird so getan, als ob alles ok ist, dann fallen wieder spitze Bemerkungen. Innen drin brodelt es also beim passiv aggressiven Menschen mächtig.

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Wie geht man mit der inneren Wut am besten um?

Ein guter Ansatz wäre hier mit Sicherheit, an den Glaubensmustern zu arbeiten und zu lernen, die eigene Wut zu spüren, anzunehmen und angemessen nach Außen zu kommunizieren. Dies ist ein Lernprozess, der einige Hürden bereithält, mit guter Unterstützung aber auch gut zu bewältigen ist.

Wenn du einen passiv aggressiven Menschen in deinem Umfeld hast, ist es empfehlenswert, dass du ihm sein Verhalten wertschätzend spiegelst und ihn ermunterst, das, was ihn bewegt, offen zu benennen. Hier kann dann Schritt für Schritt die Basis für eine neue Kommunikation gelegt werden.

3. Die heiße Aggression

Die heiße Aggression ist Teil von uns Menschen und kann sich in Form von Wutausbrüchen, Eskalationen, Schreien und einer wütenden Körpersprache zeigen.

Menschen, die im State der heißen Aggression sind, wirken wie kurz vor dem Explodieren. Die Muskeln sind angespannt, der gesamte Körper steht unter Spannung. Der Blick ist auf den „Gegner“ oder die „bedrohliche“ Situation fokussiert. Die Atmung verändert sich und wird flacher und schneller.

Der Begriff State kommt aus der Psychotraumatalogie und bedeutet soviel wie Zustand. Hier wird im Bereich von Traumata von Trauma-State gesprochen.

In den State der heißen Aggression zu kommen ist nicht beeinflussbar. Es passiert zum Beispiel, wenn wir uns bedroht fühlen. Da heute weniger Bedrohungen stattfinden, wo das Leben akut in Gefahr ist, sind die erlebten Bedrohungen viel stärker dort zu finden, wo es um Angriffe auf unser Selbstwertgefühl geht oder wo wir uns nicht gesehen fühlen oder ständig kritisiert werden. Dies kann im Job oder auch in einer Beziehung oder im familiären Umfeld vorkommen.

Jeder Mensch ist in den State der heißen Aggression zu bringen.Der Knopf wird hier gedrückt und es laufen im ersten Schritt ganz viele Reaktionen blitzschnell ab.

Was passiert im State der heißen Aggression?

Im State der heißen Aggression ist die Selbststeuerung viel schwieriger und eine Beruhigung kann längere Zeit brauchen, da der Körper tatsächlich mit involviert ist und neben einem erhöhten Puls auch die Gehirnverarbeitung im Kampf- oder Fluchtmodus ist. Das Stammhirn (auch Reptilienhirn genannt) wird blitzschnell aktiv und der Körper benötigt seine Zeit, um wieder runter zu fahren.

Wer die Grundsätze der Deeskalation kennt und sich zutraut diese anzuwenden, kann Menschen dabei unterstützen, wenn sie in der heißen Aggression sind, sich Schritt für Schritt zu beruhigen.

Auch Methoden der Selbstberuhigung und Selbststeuerung wie zum Beispiel Atemübungen können helfen, den Körper und den Geist schneller zu beruhigen. Aber wenn andere Menschen im State der heißen Aggression sind, gilt es abzuschätzen, wie gefährlich die Situation ist. Denn Eigenschutz hat immer erste Priorität.

4. Die kalte Aggression

Die kalte Aggression ist ebenfalls Teil von uns Menschen und war evolutionsbedingt notwendig in der Zeit, als wir unsere Speisen noch selbst jagen mussten.

Jagen ist hier ein gutes Stichwort, denn es geht bei der kalten Aggression um Strategie, System, Klarheit und um das Abspalten von Emotionen, um das Ziel zu erreichen. Wenn es darum geht, beispielsweise ein Tier zu erlegen, um sich ernähren zu können, sind Emotionen fehl am Platz. Hier dominiert die Rationalität.

Die kalte Aggression findet sich heute in vielen Systemen und in der Arbeitswelt wieder. Wenn zum Beispiel Mobbing stattfindet, wird systematisch vom Anstifter oder den Mitläufern Gewalt und Druck ausgeübt.

Menschen, für die Macht eine Rolle spielt und die ihre Ziele um jeden Preis erreichen wollen, nutzen die kalte Aggression für sich und setzen andere Menschen unter Druck. Dies kann ebenfalls sowohl in der Arbeitswelt, aber auch in Beziehungen und in Familiensystemen stattfinden.

Menschen, die zum Beispiel psychopathische Charakterzüge haben oder die eine positivere Einstellung gegenüber Gewalt haben, nutzen diese Form der Aggression gezielt für sich. Menschen können sich bewusst entscheiden, ob sie die kalte Aggression für sich anwenden möchten oder nicht. Im Unterschied zur heißen Aggression.

Wie geht man mit Menschen um, die die kalte Aggression anwenden?

Eine gute Möglichkeit, um Menschen hier zu sensibilisieren, ist die Förderung von Empathiefähigkeit. Wenn die Hemmschwelle, Druck und Gewalt auszuüben, frühzeitig angehoben und Mitgefühl erzeugt wird, kann ein Umlernen stattfinden.

Menschen mit einer Persönlichkeitsstörung (beispielsweise eine dissoziale Persönlichkeitsstörung) sind allerdings nicht in der Lage, Empathie zu empfinden.

Ein anderer Weg, mit der kalten Aggression zu arbeiten, ist über klare Regeln, einen klaren Rahmen und klare Konsequenzen. Dies fruchtet zum Beispiel bei Kindern und Jugendliche wirklich gut und sie fordern es auch ein. Aber es gibt mit Sicherheit Situationen im Leben, in denen weder das eine noch das andere umsetzbar ist.

Auch hier gilt es: sich selbst zu schützen und sich nicht klein machen zu lassen, hat höchste Priorität. Und wer es wirklich mit einem psychopathischen Charakter zu tun hat, sollte versuchen, sich so schnell wie möglich aus der Schusslinie zu bringen und gut für sich selbst sorgen.

Heike Leye
Expertin: Heike Leye
Heike Leye, Erziehungswissenschaftlerin (B.A.), Sozialpsychologin- und Anthropologin (B.A.), Anti-Gewalt und Deeskalationstrainerin, Fachpädagogin für Psychotraumatalogie und Suchtberaterin ist seit 2009 erfolgreich selbstständig mit praxisorientierten Trainings, Fortbildungen und Beratungen für Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Pädagogen, pädagogische Einrichtungen, Schulen und Institutionen zum Thema Gewalt.