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Gesellschaftlicher Wandel: Warum wir mehr Filme wie Wonder Woman brauchen

Um kaum einen Film gab es in letzter Zeit so einen Wirbel, wie um Wonder Woman. Kein Wunder, immerhin ist es der erste Superheldenfilm mit einer Protagonistin. Frage: Ist das übertrieben oder berechtigt?
von Manuela Hartung
Wonder Woman und die Gleichberechtigung© Pixaby

Einige Rezensionen von Wonder Woman legen nahe, dass wohl so einige Frauen während des Filmes weinen mussten. Während die Facebook-Kommentarspalten nur so von Meinungen überquellen, die das entweder sexistisch (klar, Frauen heulen mal wieder) oder überflüssig (ist ja schließlich nicht die erste weibliche Protagonistin) finden, muss ich ganz ehrlich zugeben: In der Szene, als die Amazonen ihre Insel gegen die deutschen Soldaten verteidigen, musste ich mich tatsächlich zusammenreißen. Das fand ich albern. Zutiefst. Aber warum eigentlich?

So etwas hat es noch nie gegeben. Egal wie oft die Kommentatoren Alien, Hunger Games, Game of Thrones oder Supergirl anführen. Nichts davon eignet sich als Beispiel.

Warum nicht? Alien ist Science Fiction und kein Superhelden Film. Hunger Games ist Distopia und kein Superhelden Film. Game of Thrones… ihr versteht, worauf ich hinaus will.

Ebenfalls gerne genannt werden Xena oder Lara Croft. Ich bitte euch. Ich liebe Xena, aber ernst nehmen kann man sie nun mal nicht (genauso wenig wie ihr männliches Pendant Hercules, das muss ich fairerweise dazusagen). Tomb Raider hat sich inzwischen gemausert und ist nicht mehr so sehr dem Male Gaze unterworfen, wie noch zur Entstehungszeit. Eine Superheldin ist sie aber nun mal trotzdem nicht.

Wieso beharre ich so auf dem Superhelden-Genre? Weil Superhelden eine Fiktion sind, in die vor allem Kinder und Jugendliche ihre Träume, Wünsche und Phantasien projizieren können. Weil sie GUT sind, unbesiegbar, immer gewinnen. Weil sie unsere Moralvorstellungen und Werte verteidigen, weil sie immer wieder aufstehen, egal wie oft sie zu Boden gehen.

Weil sie eine ganz bestimmte Phantasie sind, übernatürlich stark und schön, selbstlos und aufopfernd (natürlich alles in unterschiedlichen Abstufungen und manche Superhelden sind zugegebenermaßen auch ein kleines bisschen weniger perfekt, hello Tony Stark & Daredevil). Egal ob es um Superman geht, Batman, Ironman, Spiderman, Captain America, Thor, die Kinos werden nahezu überschwemmt, und ich nehme an, ihr erkennt das Muster?

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Wer sind wir als Mindfull Millenials eigentlich?

Wieso brauchen wir WEIBLICHE Superhelden?

An tatsächlichen Superheldinnen haben wir die von Halle Barry verkörperte Catwoman, die im knappen Lederoutfit die Stadt vor einer bösen Kosmetikerin retten darf. Wow. Oder die Supergirl Serie, die nicht grundlos wirklich schlechte Bewertungen bei IMDB hat. Selten so eine schlechte erste Folge gesehen.

Black Widow kommt zwar als einzige Frau in einem Männerteam vor, Actionfiguren von ihr gibt es jedoch in keiner Avengerspackung. Und auch bei den Guardians darf eine Frau mitmischen. Eine. Von fünf. Netflix hat es zwar geschafft, in der neuen Marvel-Reihe auch eine Staffel über eine weibliche Superheldin zu drehen, Jessica Jones. Dazu gibt es dann aber drei Männer, Daredevil, Iron Fist und Luke Cage. Doof. Immerhin bei der X-Men Reihe ist das Geschlechterverhältnis einigermaßen ausgeglichen.

Warum das problematisch ist? Weil Kinder und Jugendliche Vorbilder brauchen. Und zwar Vorbilder, die ihnen zeigen, dass Frauen die Stärksten sein können und Männer auch mal weinen dürfen, ohne deswegen schwul genannt zu werden.

Dass nicht die Männer das Geld nach Hause bringen müssen und die Frau vor dem Herd steht, sondern es problemlos auch andersherum sein kann.

Dass Mädchen und Jungen den Beruf wählen dürfen, den sie sich wünschen und nicht den, der zu ihrem Geschlecht passt.

Dass Frauen nun mal genauso Badass sein können wie Männer. Findet euch damit ab.

Erst, wenn Wonder Woman nicht mehr extra als “Weiblicher Superheldenfilm” betitelt werden muss, sondern einfach nur ein Superheldenfilm ist, können wir aufhören, so viel darüber zu reden. Und das wird noch dauern.

Wieso gibt es eigentlich immer noch Clubs, in die nur Frauen dürfen?

Nun passiert es natürlich auch, dass einige einfach von der anderen Seite vom Pferd fallen. Beispiel: In den USA gab es eine Kinovorstellung von Wonder Woman, die ausschließlich Frauen besuchen durften. Diskriminierung schrien die Männer sofort und das fand ich wieder sehr witzig.

Gut, ich finde eine reine Frauenvorstellung eigentlich auch unnötig. Aber, und das ist ein großes ABER, alle diese eigentlich unnötigen Veranstaltungen, seien es reine Frauenclubs, schwule Urlaubsreisen oder Partys auf die nur Bären-Männer dürfen, all diese Dinge gibt es nur aus einem einzigen Grund: Weil die Personen, die diese Veranstaltungen besuchen, das Gefühl haben, in gemischten Veranstaltungen nicht sie selbst sein zu können. Und das ist in der Regel auch so.

Es wird so lange Locations geben, in denen Männer nicht erwünscht sind, bis Frau in der Bar um die Ecke keine Angst haben muss, von Männern als Pornophantasie missbraucht zu werden, wenn sie ihre Freundin küsst. Und ja, das ist nur ein Beispiel und nein, nicht alle Männer sind so. Jedoch eben immer noch genug.

Sind weiße, heterosexuelle Männer die wahren Opfer unserer Gesellschaft?

Warum fand ich es nun also witzig, dass einige Männer direkt schrien, sie würden diskriminiert? Verfolgt man Facebook-Kommentare (ja, man sollte es lassen), erscheint in 3-2-1-Popcornkino unter wirklich jedem Bericht über Geschlechterthemen eines der folgenden Argumente:

  • Frauen werden gar nicht diskriminiert, sie werden mittlerweile bevorzugt
  • Wenn eine Frau einen tollen Job bekommt, dann wegen dieser total diskriminierenden Quote
  • Man darf gar nicht mehr sagen, was man denkt, sonst heißt es sofort Mansplaining
  • Genderstudies ist der unsinnigste Studiengang dieses Planeten
  • Feminismus ist total überholt
  • Es gibt nur zwei Geschlechter!1!!11 Dass Geschlecht und Gender nicht dasselbe ist, interessiert mich nicht!!11!!1!!!
  • Die Leute dürfen ja ruhig irgendetwas sein, das nicht hetero-männlich-weiß ist, aber bitte zuhause, wo niemand das sehen muss

In meinem Freundes- und Bekanntenkreis gibt es keine Menschen, die so denken. Was mir zeigt, wie privilegiert ich bin. Aber es gibt von diesen Menschen sehr sehr viele und sie begnügen sich nicht damit, ihre Meinung zu haben, nein, sie müssen sie als Hasskommentare weiterverbreiten.

Wenn man ihnen Gegenwind bietet, heulen sie sofort, dass man seine Meinung nicht mehr sagen darf, wegen aller linksversifften Gutmenschen. Stimmt. Hier meine Gedanken zu den einzelnen Punkten:

  • Natürlich werden Frauen bevorzugt. Sie haben Brüste, mit denen sie wackeln können. Das ist sexy und viel wichtiger als berufliches Können. Ich würde eine Frau mit Brüsten sofort jedem Mann vorziehen.
  • Die Quote ist echt total überflüssig. Eine Frau auf 10 Männer im Vorstand reicht wirklich vollkommen aus. Das kennen wir schon aus der Pornoindustrie und die wissen schon, was sie tun.
  • Männer haben immer Recht, einfach weil sie Männer sind. Deswegen können sie auch alles besser erklären und sollten diese Gabe so oft wie möglich anwenden.
  • Alle Student*innen aus dem Bereich*in Genderstudies*innen sollten sofort umerzogen werden zu BWL*er*innen. Am besten in eigens dafür eingerichteten Camps*innen. Allerhöchstens dürfen sie Thomas Mann*Frau lesen, um zu sehen, wie ein ordentliches kapitalistisches Patriarchat funktioniert. Ach was, am besten wir schaffen direkt die ganzen Geisteswissenschaften ab. Braucht kein Mensch*in.
  • Alle Feministinnen sind männerhassende Fem-Lesben-Nazis. Und hässlich. Das wird man ja wohl noch sagen dürfen.
  • Natürlich gibt es nur zwei Geschlechter. Das wissen wir doch schon seit den Blümchen und Bienchen. Gender ist ein Begriff, den die Homo-Lobby sich ausgedacht hat, um alle Kinder schwul zu machen. Auch die Mädchen.
  • Es ist wirklich widerlichst! Da erscheint tatsächlich ein Kurzfilm, wo es um Liebe geht, und die Figuren sind zwei Jungen! Und das obwohl es nur 1.000.000.000.000.000 Filme gibt, in denen sich ein Mädchen und ein Junge toll finden. Wieso müssen die uns das so unter die Nase reiben?? Heteros laufen schließlich auch nicht durch die Gegend und erzählen allen, dass sie hetero sind.

Fairerweise muss ich dazusagen, dass auf alle 10 dummen Kommentare von Männern auch ein dummer Kommentar von einer Frau kommt. Ausgeglichen wie in der Wirtschaft.

Was bedeutet Gleichberechtigung heutzutage?

Was die meisten Menschen nicht zu verstehen scheinen, ist eine sehr einfache Tatsache: Gleichstellung geht nach oben, nicht nach unten.

Wenn Frauen dieselben Rechte wollen wie Männer, heißt das nicht, dass Männer so schlechte Rechte kriegen sollen, wie Frauen sie bisher hatten. Wenn die LGBTQ Community so behandelt werden will, wie der Rest der Gesellschaft, heißt das nicht, dass der Rest der Gesellschaft angefeindet, angespuckt, eingesperrt und umgebracht werden soll.

Viele beschweren sich über Lautstärke und Präsenz diverser Minderheiten und fordern etwa einen Heterosexual-Pride-Day. Aber Minderheiten sind nur deshalb so laut, weil sie sonst nicht gehört werden. Heterosexual-Pride-Day ist an 364 Tagen im Jahr, in jedem Kino, jeder Bar, jedem Supermarkt und auf jedem Kinderspielplatz.

Minderheiten werden erst dann leiser werden, wenn sie nicht mehr diskriminiert werden, wenn sie in ihrer individuellen Freiheit nicht mehr eingeschränkt sind. Wenn sie dieselben Dinge tun und lassen können, wie die Angehörigen der Mehrheit. Das bedeutet Gleichberechtigung.

Und jetzt lassen wir alle zum Abschluss noch einmal die Tatsache sacken, dass Frauen KEINE Minderheit sind, trotzdem über Jahrtausende massivst unterdrückt wurden und jetzt, wo sich das zum ersten Mal nach und nach ändert, sofort diverse Männer rumheulen, dass sie sich davon diskriminiert fühlen. Dann heul doch!!!

Autorin: Manuela Hartung
evidero-Redakteurin Manuela Hartung hat an der Uni Köln Germanistik, Linguistik und Phonetik studiert. Zu ihren Hobbies zählen Radfahren und kreatives Schreiben.