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Übung zum Seinlassen: Lass einfach sein und werde frei!

Tausend schlechte Angewohnheiten, Ängste und hohe Erwartungen - Wer kennt diese inneren Stressfaktoren nicht? Lerne mit der richtigen Einstellung, die Hürden richtig zu nehmen.
Alexandra Majer
von Alexandra Majer
Seinlassen statt loslassen und glücklich sein© Antonioguillem - Fotolia.com

“Mach dich frei”-  leichter gesagt als getan. Wenn der Burnout nicht mehr weit entfernt ist, ist Zeit zu handeln. Aber wie überstehst du stressige Phasen in deinem Leben oder wie gehst du mit deinen negativen Einstellungen um? Alexandra Majer, Yogalehrerin – Diplom-Pädagogin, zeigt dir, wie du aus dem Gedankenkarussel kommst und zeigt dir eine wichtige Übung.

Lass los und werde frei – Das Loslassen war schon für Buddha der Schlüssel zum Glück

Nicht nur in der spirituellen Literatur, sondern in sämtlichen Lifestyle Magazinen und Lebensratgebern stoße ich auf diese Aussage. Überall geht es in irgendeiner Form ums Loslassen.

Damit deine Beziehung funktioniert, musst du deine Erwartungen loslassen.
Damit du entspannter wirst, musst du deine Gedanken loslassen.
Damit du frei und unabhängig wirst, musst du deine Wünsche loslassen.

Sogar Buddha sagte:

“Lerne loszulassen, das ist der Schlüssel zum Glück”.

Es scheint, als bräuchten wir nur das Loslassen zu lernen und schon wären wir gesünder, freier, glücklicher. Stimmt das? Dieser Frage ging ich nach und prüfte, warum Loslassen im Trend liegt.

Die Idee hinter dem Konzept ist Freiheit – Loslassen, um frei zu sein?

Mir fiel auf, dass es im Zusammenhang mit Loslassen immer wieder um das Thema Freiheit geht. Scheinbar wollen sich die Menschen freier fühlen und versuchen dafür, sich von allem Möglichen loszusagen. Ich kann das nachvollziehen, denn obwohl wir unser Leben noch nie so frei gestalten konnten wie heutzutage, stehen wir unter enormem Druck. Wir sollen noch schöner, noch erfolgreicher, noch beweglicher, noch innovativer sein.

Wie das geht, zeigen uns Dutzende von Ratgebern, so dass wir quasi gar keine andere Wahl haben, als auf den Zug aufzuspringen. Wie Freiheit fühlt sich das nicht an. Kein Wunder also, dass wir nach neuen Wegen suchen.

Loslassen – In Wirklichkeit nur zur Persönlichkeitsoptimierung?

Doch scheint mir das mit dem Loslassen nur wie ein erneuter Versuch, unsere Persönlichkeit zu optimieren. Auf einmal wollen wir auch noch gelassen, entspannt und unabhängig sein und wieder etwas aus uns machen, das wir augenblicklich nicht sind. Ist das wirklich Freiheit? Ich glaube nicht.

Meiner Erfahrung nach bedeutet Freiheit vielmehr, dass wir uns selbst erkennen, ohne zu analysieren und ohne den Drang, etwas zu verändern. Frei sind wir in dem Moment, wo wir uns so sein lassen, wie wir sind. Etwas loslassen zu müssen oder zu wollen bedeutet im Umkehrschluss, dass wir so, wie wir gerade sind, nicht genügen. Dass wir anders sein müssten, um besser oder irgendwie “richtiger” zu sein.

Seinlassen statt Loslassen – Ein Konzept der Selbst-Akzeptanz

Ich etwa dachte, meine Angst loslassen zu müssen, um ein starker und freier Mensch zu sein. Jahrelang bemühte ich mich darum, bis ich feststellte, dass ich es nicht schaffe. Wenn ich Angst habe, habe ich Angst.

Ich änderte meine Strategie und lernte, meine Angst da sein zu lassen, sie in ihrer Intensität zu spüren, ihren Duft einzuatmen und ihre Farben wahrzunehmen, sie in meinem Körper zu fühlen, sie nicht loszulassen, sondern im Gegenteil, sie zu halten wie ein weinendes Kind, ihr das Gefühl zu geben, willkommen zu sein. Ich merkte: Meine Angst geht, wenn sie geht. Nicht dann, wenn mein Verstand sagt, dass ich sie jetzt nicht mehr brauche. Nicht nur mit meiner Angst, auch mit meiner Wut und meinen Sehnsüchten machte ich diese Erfahrung: Alles geht zu seiner Zeit. Die Freiheit liegt dabei nicht im Loslassen, schon gar nicht im erzwungenen, sondern im Seinlassen.

Übung zum Seinlassen:

Setze oder lege dich bequem hin und schließe deine Augen. Entspanne deine Stirn, deine Kiefer, deine Schultern, deinen Bauch und deine Hüftgelenke. Konzentriere dich für einige Momente auf deine Atmung. Spüre das Heben und Senken deines Bauchs und deines Brustkorbs.

Stelle dir vor, dass du alle Anteile von dir einlädst, sich zu zeigen. Deine Schwächen und deine Stärken, deine Wünsche und deine Sehnsüchte, deine momentanen Gefühle und Gedanken. Alles, was in diesem Moment zu dir gehört. Stelle dir vor, dass du allem, was dir in den Sinn kommt, einen Platz in deinem Herzen anbietest.

Gefühle und Gedanken willkommen heißen

Du kannst dir zum Beispiel eine Bank vorstellen, auf die sich alles setzen darf: Jede Schwäche von dir und jede Stärke, jeder einzelne Gedanke und jedes Gefühl, das du hast. Jeder Wunsch, ganz egal, wovon er handelt und jede Beziehung, an der du hängst. Alles darf da sein.

Sobald etwas seinen Platz gefunden hat, beschäftige dich nicht weiter damit. Konzentriere dich wieder auf deine Atmung und warte, was als nächstes vor deinem geistigen Auge erscheint. Fällt dir nichts ein, fokussiere dich weiter auf deine Atmung. Irgendwann wird sich etwas in deinem Geist formen. Etwas, das du aus deiner Sicht nicht so gut kannst. Oder etwas, das dir leicht fällt oder dir Freude macht. Oder dir fällt etwas ein, das du nicht gerne in deinem Leben hast und von dem du denkst, es loslassen zu müssen.

Vielleicht denkst du plötzlich an etwas, das du dir sehr wünschst. Ganz egal, was es ist, setze es auf deine Bank. Wenn ich diese Übung mache, stelle ich mir alle meine Schwächen, Stärken, Abneigungen, Wünsche, Gedanken und Gefühle als verschiedene große Männchen vor. Je nach Schweregrad sind sie riesengroß oder klein.

Das Geheimnis des Seinlassen

Ich empfehle dir, eine Zeit für diese Übung festzulegen und dir einen Wecker zu stellen. Beginne mit fünf Minuten und steigere dich, wenn du die Übung regelmäßig durchführen möchtest. Du wirst merken, dass du überhaupt nichts loslassen musst, was zu dir gehört. Das Geheimnis liegt nämlich nicht im Loslassen, sondern im Seinlassen.

Wenn du bestimmte Gefühle, Gedanken oder Abhängigkeiten nicht mehr brauchst, werden sie sich sowieso verflüchtigen. Das geschieht aber meiner Erfahrung nach nicht über Loslassen, sondern durch liebevolles Integrieren. Alles, was du gerade brauchst, ist da. Und wenn du es nicht mehr brauchst, wird es gehen, vertraue darauf.

Hinweis:

Ich meine damit nicht, dass wir zum Beispiel in schädlichen Beziehungen oder Arbeitsverhältnissen verharren oder unsere destruktiven Verhaltensweisen beibehalten sollen. Wenn etwas uns selbst oder andere schädigt, sollten wir natürlich versuchen, es zu verändern. Nur bringt es meiner Ansicht nichts, die damit verbundenen Gefühle unbedingt loslassen zu wollen. Wenn sich jemand etwa aus einer Bindung gelöst hat, ist es nicht nötig, dass er oder sie emotional irgendetwas loslässt. Wirkliche Heilung findet nur statt, wenn alles, was da ist, da sein darf.

Alexandra Majer
Expertin: Alexandra Majer
Alexandra Majer ist Yogalehrerin, Diplom-Pädagogin und Gründerin von Yogaraumblog. Sie hilft auch Jugendlichen zur Berufsfindung mittels Achtsamkeit und Entspannung