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Interview mit Kurt Mosetter: Zucker – Der heimliche Killer

Zu viel Zucker schadet unserer Gesundheit. Doch wieso eigentlich? Und wie kann man den eigenen Zuckerkonsum reduzieren, um gesünder zu leben?
Kurt_Mosetter
von Dr. med. Kurt Mosetter
Zuckersucht© TomFawlsPhoto - Fotolia.com

Zucker ist eine Alltagsdroge, die wir alle zu uns nehmen. Er beeinflusst unsere gesamte Gesundheit und kann bei zu hohem Konsum wie ein schleichendes Gift wirken. Über den Einfluss des Zuckers auf unseren Körper hat Dr. Kurt Mosetter ein Buch “Zucker, der heimliche Killer” geschrieben. Im Interview erklärt er uns daraus die wichtigsten Fakten zum Thema Zucker.

evidero   Zucker ist in aller Munde: Warum ist sein Verzehr zum Problem für uns geworden?

In kleinen, natürlichen Mengen war Zucker lange kein Problem. Die Oberflächen all unserer Zellen haben viele Ästchen, in welchen vor allem die essentiellen Einfachzucker Mannose (z.B. in Beeren) oder Galactose (z.B. in der Muttermilch oder in Linsen) wie Antennen der Kommunikation in und zwischen den Zellen dienen. Auch unser Gehirn ist auf die Verfügbarkeit von Zucker angewiesen.

Zu viel ist allerdings zu viel. In früheren Zeiten war Zucker quasi ein Gewürz. Während 1850 noch weniger als 1 kg Zucker pro Person und Jahr verzehrt wurden, sind es heute über 36 kg. Dazu kommen noch Stärke (in Brot und Nudeln) und Fruchtzucker. Diese Überfrachtung wird irgendwann belastend und macht uns krank.

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Zu viel Zucker macht krank

evidero   Wie wirkt Zucker auf den Körper?

In kleinen Mengen und richtig verwertet dient Zucker der Energiegewinnung. Einzelne Einfachzucker dienen dem Immunsystem, dem Nervensystem und der Kommunikation in unseren Zellen.

Zu viel Zucker kann nicht verwertet werden und führt zu übermäßig viel Insulin. Die Schlüssellöcher und Messfühler für das Insulin funktionieren auf Dauer nicht mehr; es kommt zu einer sogenannten Insulinresistenz.

Schließlich wird der Zucker – ähnlich wie kochende Milch, karamellisiert und angebrannt. Und jede Zelle unseres Körpers wird geschädigt. Nervenzellen, lebenswichtige Enzyme, Eiweiße, Rezeptoren und Immunzellen werden somit toxisch glykiert. Dieses sogenannte AGE (advanced glycation endproduct) kann man über den „Langzeitzuckerwert“, den HbA1c, messen.

evidero Wann macht uns Zucker krank?

Im Überfluss und der Überfrachtung geraten in der Evolution bewährte Mechanismen aus dem Lot. Zu viel Zucker, Hyperglykämie, zu viel Insulin, Hyperinsulinämie, karamellisierte Zucker und Insulinresistenz machen uns krank.

Zucker verursacht zusammen mit Insulin Entzündungen. Er wird in Fett umgewandelt (wie bei Schweinen, die mit Mais und Getreide gemästet werden) und die Fettwerte steigen!

Die Folgen sind Arteriosklerose, ein Anstieg der Harnsäure und Gicht. Und mit zu viel und zu häufigem Stärke- und Zuckerkonsum führt das ständig ausgeschüttete Zuviel an Insulin schließlich zu Unterzucker!

Zucker der heimliche Killer - Kurt Mosetter Zucker der heimliche Killer – Kurt Mosetter

Wir werden unruhig, unkonzentriert, aggressiv und entwickeln Heißhunger. Um uns zu beruhigen, sitzen wir in der Falle. Wir sind scharf auf Süßes. Dieser Schleuderkurs führt zur Eskalation, sodass zu hohe Zucker- und Insulinbelastungen unseren inneren Rhythmus und den Schlaf aushebeln. Im Inneren der Zellen herrscht inzwischen Hungersnot. Es drohen Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Burnout und Depression.

Nicht zuletzt gärt Zucker im Darm, verursacht Blähungen, schädigt die Nervenzellen in der Darmwand und führt zum Balanceverlust unserer Darmflora. Das sogenannte Mikrobiom im Darm wird auf diese Weise geschädigt.

Es folgen Pilzerkrankungen, ein löchriger Darm, Mineralstoff-, Vitamin- und Fettsäurenmangel, Autoimmunerkrankungen usw. Am Ende dieser Ursache-Wirkungsspirale stehen Diabetes Typ II, Alzheimer, Herzinfarkte oder Schlaganfälle.

Weniger Zucker essen mit diesen Tipps

evidero   Wie können wir vermeiden, von Zucker anhängig zu werden?

Wenn wir Maß halten, geht fast alles gut. Speziell abends sollten wir auf Stärke, kurzkettige Kohlenhydrate, Süßes, Früchte, Brot und Nudeln verzichten. Die verzweigten, langkettigen Kohlenhydrate können wir wesentlich besser vertragen. Beim Verzehr von Amaranth, Quinoa, Buchweizen, Hirse, schwarzem Reis, Kichererbsen, Gemüse und Linsen wird weitaus weniger Insulin ausgeschüttet.

Die Spitzen der Zucker- und Insulin Flutung können wir so verhindern. Das Auf und Ab von Zucker- und Insulin-Spiegel ist zudem mit Gewürzen wie Zimt, Curcuma, Pfeffer, Kräutern usw. gut einzudämmen. Wenn wir mehr wertvolle Fette wie Nüsse, Mandeln, Kokosmilch, Hülsenfrüchte, Wildkräuter und Eiweiße zu uns nehmen, erhält unser Körper tolle Energielieferanten – und das ständige Verlangen nach mehr lässt nach.

evidero   Welche Alternativen gibt es zu „normalem“ Zucker?

Die Einfachzucker, die nicht im Darm gespalten werden müssen, das Insulinsystem nicht belasten und quasi über Hintertüren dem Körper, dem Gehirn und allen Zellen Energie geben, können uns weiter helfen. Galactose, Ribose, Mannose und Xylose sind einige gute Kandidaten.

Gesunde Zucker finden sich in Beeren, Avocados, Grapefruit, Aprikosen, Rhabarber, Ananas, Papaya und Linsen. Ribose und Galactose eignen sich auch gut im Sport.

evidero   Wie kann ich mich möglichst zuckerfrei oder ganz ohne Zucker ernähren?

Ernährungsampel © Kurt Mosetter Ernährungsampel © Kurt Mosetter

Mit viel Gemüse, Hülsenfrüchten und den zuckerarmen Früchten, welche in unserer „Ampel“ unter „grün“ gelistet sind, kann man die Weichen auf „gesund“ stellen.

Über die Aspekte der „ketogenen Ernährung“, in welcher wertvolle Fette in körperliche Energie verwandelt werden, kann man besonders leistungsfähig werden. Eine weitere Alternative bietet das Einhalten von 2 bis 3 Fastentagen pro Monat – oder zumindest im Vierteljahr.

Wir wissen heute, dass es natürlich hilft, wenn man den Zucker auch richtig verbrennt. Je mehr Sie sich bewegen, je mehr Sport Sie treiben, desto besser wird Ihr Stoffwechsel geschult, den Energiehaushalt ökonomisch auszubalancieren.

Genügend Abstand zwischen den Mahlzeiten, Konzepte der Trennkost und schon allein der Verzicht auf Naschen kann jedem von uns weiterhelfen. Mit dem Ersatzkohlehydrat Galactose kann man sogar eine Zuckersucht überwinden und einen nachhaltigen „Entzug“ durchziehen.

evidero   Worauf muss ich beim Einkauf besonders achten?

Man sollte besonders auf versteckte Zucker achten. Maissirup, Maisstärke, Fruchtzucker und Süßstoffe sollte man besser nicht kaufen.

evidero   Können Sie uns 2-3 Rezepte für einen Start in das zuckerfreie Leben aus Ihrem Buch empfehlen?

Ja, das „Urgetreidebrot“ und das „Johannisroggenbrot“ – das sind schon mal zwei schöne Möglichkeiten, was zu ändern. Und dann das „Linsenragout“ – das lohnt sich …

Gesunde Rezepte ohne Zucker und Weißmehl

Brot selber machen: Urgetreidebrot

Für 1 Brot:

  • 550 g Einkornmehl
  • 200 g Emmermehl
  • 100 g Nacktgerstemehl
  • 25 g Meersalz
  • 42 g frische Hefe
  • Butter für die Form
  1. Einkorn, Emmer- und Nacktgerstemehl sowie Meersalz in einer großen Schüssel vermengen. In einer zweiten Schüssel die Hefe in 350 ml lauwarmem Wasser auflösen und ebenfalls zugeben. Alles zuerst mit einer Küchenmaschiene oder dem Knethaken des Handrührgeräts, dann mit den Händen zu einem glatten Teig verkneten.
  2. Dein Backofen auf 200 Grad vorheizen. Eine Kastenform (35 cm) mit Butter ausfetten, den Teig hineingeben und längs mit einem scharfen Messer leicht einritzen. Abgedeckt etwas 30 Minuten gehen lassen, bis sich der Teig verdoppelt hat.
  3. Die Form in den heißen Backofen (Mitte) schieben. Nach 15 Minuten die Hitze auf 160 Grad reduzieren und das Brot in weiteren 45 Minuten fertig backen.

Gesundes Brot: Johannisroggenbrot

Für 1 Brot:

  • 930 g Johannisroggenmehl
  • 42 g frische Hefe
  • 30 g Meersalz
  • Mehl zum bestäuben
  1. In einer Schüssel 210 Gramm Johannisroggenmehl mit 230 Milliliter Wasser verrühren. Zugedeckt über Nacht säuern lassen.
  2. Am nächsten Tag die Hefe in 300 Milliliter lauwarmem Wasser auflösen. In einer großen Schüssel mit dem Sauerteig, dem restlichen Mehl und dem Meersalz vermischen. Mindestens 5 Minuten mit den Händen durchkneten. Einen runden Laib formen, mit Johannisroggenmehl bestreuen und auf einem mit Mehl bestäubten Backblech 1,5 Stunden zugedeckt gehen lassen.
  3. Den Backofen auf 220 Grad vorheizen. Den Brotlaib in den heißen Ofen schieben (Mitte) und 20 Minuten backen. Dann die Temperatur auf 145 Grad reduzieren. Nach weiteren 45 Minuten den Backofen ganz ausschalten und das Johannisroggenbrot noch 1 Stunde >>ausbacken<<.

Rezept für Linsenragout

Für 2 Portionen:

  • 75 g Möhren
  • 75 g Knollensellerie
  • 75 g Zwiebeln
  • 300 g Puy-Linsen (grüne Berglinsen)
  • 20 ml Rapsöl
  • 15 g Johannisroggenmehl (ersatzweise Dinkelmehl)
  • 500 ml Gemüsebrühe
  • Salz
  • schwarzer Pfeffer aus der Mühle
  • 100 ml Sherryessig
  • 1 Thymianzweig
  • 1 Lorbeerblatt
  1. Möhren, Knollensellerie und Zwiebel schälen und in feine Würfel schneiden.
  2. In einem Topf 1,5 Liter Wasser mit Wasser mit 30 Gramm Salz zum Kochen bringen. Die Puy-Linsen darin 15 Minuten blanchieren.
  3. In einem Topf das Rapsöl erhitzen. Das Mehl einrühren, bis es sich zu bräunen beginnt. Die Gemüsewürfel zugeben und anschwitzen. Mit Gemüsebrühe ablöschen und die heißen Linsen zugeben. Mit Pfeffer und Sherryessig würzen, Thymianzweige und Lorbeerblatt in den Topf geben und alles bei schwacher Hitze in etwa 20 Minuten weich garen.
  4. Das Linsenragout kurz vor dem Servieren nach Belieben nochmals mit Sherryessig fein säuerlich abschmecken.
Kurt_Mosetter
Experte: Dr. med. Kurt Mosetter
Dr. med. Kurt Mosetter hat Humanmedizin an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg studiert und ist nun als Arzt und Heilpraktiker tätig. Er ist der Begründer der Myoreflextherapie...

Die Fragen stellte: Annette Coumont