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Hilfe bei Burnout: Die zweite Phase eines Burnouts – Die Widerstandsphase

Ab wann empfiehlt es sich, bei Burnout-Anzeichen einen Arzt oder Therapeuten aufzusuchen? Rolf Hess schildert, wann Sie unbedingt aktiv werden sollten.
Rolf Hess
von Rolf Hess
Stressmanagement online lernen 4© alphaspirit - Fotolia.com

Der Stress hört einfach nicht auf. Sie vernachlässigen Ihre Bedürfnisse und merken das nicht einmal. Ihre Probleme versuchen Sie zu verdrängen. Der Körper versucht, sich an diese neue Situation anzupassen – und kommt so in immer größere Gefahr, dauerhaft geschädigt zu werden. Wie Sie das erkennen und was Sie tun können, weiß Stress-Experte Rolf Hess.

Der Körper versucht, sich gegen den Stress zu wehren

Chronischer Stress führt zu einem ernsthaften Burnout

Dauert die stressauslösende Situation an, so folgt auf die Alarmreaktion die Phase der scheinbaren Resistenz. Die Stressbelastung wird chronisch und die ersten Symptome verschwinden!

Die physiologischen Prozesse folgen durch gesteigerte Hormon-Ausschüttungen wieder ihren „normalen“ Abläufen. Was Personen in dieser Phase der Krankheit nicht bemerken, ist der Umstand, dass viele Organe durch die Dauerüberlastung begonnen haben, sich langsam abzubauen. Sie arbeiten über dem normalen Niveau und geben mehr, als ihnen gut tut. Der Körper versucht sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln an die Situation anzupassen und einen Zusammenbruch zu vermeiden.

Neue psychosomatische Erkrankungen wie Asthma, erhöhter Blutdruck, Geschwüre, Magen- / Darmkrämpfe und vieles mehr beginnen sich bemerkbar zu machen. Nun kann eine schwache Störung eine starke Reaktion hervorrufen. Wut und Ärger entgleisen schneller und unkontrollierbarer.

Alle Teile unserer Stressmanagement-Reihe findest du hier: Wie entsteht ein Burnout?

5) In einem fortgeschrittenen Burnout verlieren Werte ihre Bedeutung

  • Die Arbeit und „Ihr Betrieb“ bekommen, je länger es dauert, mehr Wert als ihnen zusteht. Alles andere scheint zu verblassen und nicht mehr so wichtig zu sein.
  • Trotzdem verlieren Sie die klare Sicht auf reale Erfolge in Ihrem Leben.
  • Die Vernachlässigung der Familie und Freunde nimmt zu.
  • Sie nehmen Arbeit mit nach Hause und werden dabei einsam. Denn, Sie haben ja Ihre Arbeit und die gibt Ihnen genug zu tun. Der Kino-Abend oder der Sport-Verein ist nur noch Zeitverschwendung und, außerdem: wer braucht schon Freunde?
  • Unterdessen dürfte sich die Sexualität aus Ihrem Leben weitgehend verabschiedet haben.
  • Auch der Sport und selbst einfache Bewegungen wie Treppenlaufen fallen der knappen Zeit zum Opfer. Sie sind davon überzeugt, dass solche Dinge nicht wichtig sind und uns zu viel Zeit stehlen.
  • Die Stresshormone werden durch diese Lebenseinstellung nicht mehr abgebaut.

6) Wer an Burnout leidet, verleugnet Probleme

  • Wenn Sie der Partner oder Ihre Freunde, die noch geblieben sind, auf Ihre Lebenssituation ansprechen, ist es nicht wahr, dass Sie im Stress sind.
  • Es ist nicht wahr, dass Sie die Arbeiten eigentlich nicht mehr bewältigen können.
  • Es ist nicht wahr, dass Ihnen die Arbeit über den Kopf wächst und es ist wirklich übertrieben, dass Sie dringend Hilfe in Anspruch nehmen sollten.
  • Wenn jemand etwas anderes behauptet, hat er keine Ahnung von Ihrem Geschäft und Ihren Herausforderungen.
  • In dieser Phase stellt sich ein Stillstand in allen Bereichen ein. Das Eindrückliche in diesem Abschnitt ist, dass Sie Ihren Zustand nicht mehr wahrhaben können.
  • Die Nerven gehen mit Ihnen vollends durch und Ihre Emotionen haben Sie nicht mehr im Griff.
  • Sie sind vermehrt unzufrieden und die immer häufiger werdenden Enttäuschungen werden -so gut wie es eben noch geht- versteckt und herunter geschluckt.
  • Die Schultern ziehen sich langsam nach oben, weil die chronische Spannung in Ihrem Körper Sie den Kopf einziehen lässt. Das erzeugt starke Verspannungen im Schulter- und Rückenbereich, welche bereits zum täglichen Problem geworden sind.
  • Die Kopfschmerzen wachsen an und sind eine tägliche Last.
  • Die Medikamente werden unterdessen vom Arzt verschrieben, denn die rezeptfreien Tabletten nützen bereits nicht mehr viel.
  • Durch die Belastung des Magens durch die vielen Medikamente werden Ihre Magenschleimhäute angegriffen und eine Entzündung des Magen- / Darmtraktes muss mit einem erneuten Medikament „geheilt“ werden.

7) Der Rückzug aus der Umwelt ist ein ernsthaftes Anzeichen für ein Burnout

  • Das scheinbare Unverständnis der Mitmenschen drängt Sie dazu, sich immer mehr zurück zu ziehen.
  • Sie vertiefen sich noch viel mehr in Ihre Arbeit, weil diese Sie (aus Ihrer Perspektive) zu befriedigen scheint.
  • Unterdessen arbeiten Sie zehn bis zwölf Stunden pro Tag und mindestens sechs Tage pro Woche.
  • Am Sonntag sind es vermutlich etwas weniger, denn man muss sich ja mal was gönnen.
  • Trotz des großen Zeitaufwandes gelingt es Ihnen nicht mehr, die Arbeit zu beenden. Jeden Tag erledigen Sie die Arbeit von gestern oder vorgestern.
  • Frustration macht sich in Ihnen breit, doch die halten Sie noch mit Zynismus unter Kontrolle.
  • Auch Ihr Chef wird entdecken, dass Sie zwar zu viel arbeiten, aber nichts mehr auf die Reihe bekommen und wenig Arbeit überhaupt ein Ende findet.
  • Um das Dilemma zu verdrängen und sich am Abend doch noch etwas zu gönnen, haben Sie angefangen, Alkohol zu trinken oder einen Joint zu drehen.
  • Sie sind ständig beim Arzt, der Ihnen neue und stärkere Medikamente für die vielen Schmerzen und Krankheiten gibt.
  • Schmerzen treten an Stellen auf, wo auch ein Spezialist mit all seinen Geräten nichts finden kann, was eine körperliche Schädigung bestätigen lässt.
  • Leider helfen Ihnen diese Maßnahmen nicht, das Übel an der Wurzel zu packen.

8) Dauerstress bewirkt eine Verflachung des Lebens

  • Langsam verliert Ihr ganzes Leben an Wert. Nichts macht mehr wirklich Spaß.
  • Es scheint nirgendwo ein Ende in Sicht zu sein.
  • Sie haben häufig das Gefühl, dass Sie trotz Überlastung nichts mehr erreichen oder bewirken.
  • Es mangelt zunehmend an Erlebnissen des Erfolges.
  • Der Alkohol hat bereits bei der Arbeitsstelle Einzug erhalten und wird täglich getrunken.
  • Die Betäubung durch den Alkohol oder andere Drogen scheinen Sie für den Ausgleich zu brauchen.
  • Es gibt für Sie keine Motivation mehr, sich anzustrengen, weil Motivation aus der Freude, etwas zu erreichen, entsteht.
  • Jetzt treten die ersten dysfunktionalen Denkweisen auf. Das heißt, dass wir angefangen haben, negativ zu denken und uns somit auch negativ zu beeinflussen. Aber genau aus diesem negativen, zerstörerischen Denken entsteht der nächste Schritt in die Erschöpfungs-Phase.

Die richtigen Maßnahmen bei einem fortgeschrittenen Burnout

  • Hören Sie auf den Rat der Familie und der Freunde und suchen Sie sich einen erfahrenen Coach oder eine andere Fachperson.
  • Erzählen Sie Ihrem Arzt aus Ihrem Leben und nicht nur über Ihre Beschwerden.
  • Suchen Sie (solange Sie noch können) Hilfe.
  • Versuchen Sie nicht, alleine aus Ihrer Situation heraus zu kommen.
Rolf Hess
Experte: Rolf Hess
Rolf Hess ist Stressregulationsexperte und Leiter des Schweizerischen Zentrums für angewandte Stressforschung (SZS) in Solothurn (CH). Nach 10-jähriger Anstellung in einem gerontopsychiatrischen Altersheim...