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Sprache und Denken: Wie Worte unser Leben beeinflussen

Wer bewusster Leben möchte, der kommt nicht umher, sich mit seiner eigenen Sprache auseinanderzusetzen. Wieso? Weil unsere Worte die Basis unseres Handelns und Denken darstellen und damit einen kaum zu überschätzenden Einfluss auf unser Leben haben.
von Manuela Hartung
Sprache und Denken© pathdoc - Fotolia.com

“Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt.” – Ludwig Wittgenstein. In Philosophie und Sprachwissenschaft ist man sich darüber einig, wie wichtig unser Wortschatz und unsere Sprache für unser Leben sind. Für unser Denken, unsere Kultur und unser Zusammenleben. Wir haben uns die Frage gestellt: “Wie beeinflussen Worte eigentlich unser tägliches Leben?”

Taten sagen mehr als Worte?

“Es gibt nichts Gutes, es sei denn man tut es!” – Erich Kästner. Der Hintergrund dieses Sprichwortes ist leicht verständlich: Immer nur reden nützt nichts. Es bringt keine Veränderung, nur darüber zu sprechen, was man verändern möchte. Wer etwas Neues in seinem Leben möchte oder gar die Welt verbessern will, der muss Taten sprechen lassen.

Doch auf was basieren unsere Taten eigentlich? Letztlich muss jeder Handlung eine Planung und jeder Planung ein Gedanke vorausgehen – und Gedanken bestehen aus Worten. Wenn wir wissen wollen, wie Worte unser Leben beeinflussen, müssen wir also noch eine Ebene tiefer blicken.

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Unser Wortschatz bestimmt unser Denken

Im 19. Jahrhundert stellte der Sprachwissenschaftler Wilhelm von Humboldt die Theorie auf, dass die Sprache die Grundlage aller Gedanken sei. Mit anderen Worten: Wir können nur denken, wofür wir auch Worte haben.

Jedoch gibt es durchaus Emotionen oder Gefühle, die unabhängig von Worten zu sein scheinen. Oft genug ist man sprachlos, kann keine Worte finden für das, was man eigentlich ausdrücken möchte. Wir versuchen, etwas zu umschreiben oder Vergleiche zu finden, doch nicht immer ist es möglich, mit Worten genau das zu treffen, was man empfindet.

Unser Wortschatz bestimmt also vielleicht nicht unser gesamtes Denken und schon gar nicht unser Fühlen, hat jedoch unbestreitbar einen Einfluss darauf. In jedem Fall ist er essentiell für unsere Kommunikation mit anderen Menschen. Zwar gibt es durchaus auch non-verbale Kommunikation, doch diese sind in ihrer Aussagekraft ebenfalls begrenzt, vor allem, wenn es um komplexe Themen geht.

Nun liegt also die Vermutung nahe: Je größer unser Wortschatz ist, desto vielfältiger sind auch die Möglichkeiten, was und wie wir denken können. Dabei geht es nicht nur um den Wortschatz der eigenen Muttersprache. Wer fremde Sprache lernt, kann sich nicht nur besser verständigen, er erweitert gleichzeitig auch das Ausdrucksvermögen seiner selbst.

Viele Worte sind unübersetzbar

“Der Geist einer Sprache offenbart sich am deutlichsten in ihren unübersetzbaren Wörtern” – Marie von Ebner Eschenbach.

Mein liebstes Beispiel für Wörter, die unser Denken erweitern, ist das englische “dare”. In einem Film wird es folgendermaßen verwendet: “I dare you to love me”. “Dare” kann folgendermaßen übersetzt werden: “wagen”, “herausfordern” oder “sich trauen”.

Versucht man nun, die Bedeutung dieses Satzes in Deutsche zu übersetzen, wird es schwierig. Wenn man die Nuancen, die man in diesen englischen Satz hineininterpretieren kann, alle erfassen möchte, müsste man ihn vielleicht so übersetzen: “Ich fordere dich dazu heraus, es zu wagen, mich zu lieben, weil ich mir wünsche, dass du mich liebst.” Mit einem einfachen “Ich will, dass du mich liebst” wäre es in jedem Fall nicht getan!

Ein anderes Beispiel aus dem Englischen ist das Glück, denn im Englischen kann man zwischen “Glück haben” (“lucky”) und “glücklich sein” (“happy”) unterscheiden. Im Deutschen muss man dies näher erläutern, wenn man die Unterscheidung treffen möchte. Sind englische Muttersprachler dadurch glücklicher? Nicht unbedingt. Zu dem Konzept “Glück” haben sie jedoch einen anderen, vielfältigeren Zugang und damit auch ganz andere Möglichkeiten des Bewusstseins.

Worte sind bereits Taten – Ein kleiner Ausflug in die Pragmatik

Nachdem wir also festgestellt haben, wie wichtig unser Wortschatz für unser Denken (und unter Umständen auch für unser Fühlen) ist, kommen wir zurück zu den Taten und machen dafür einen kleinen Ausflug in die Pragmatik. Die Pragmatik ist eine Teildisziplin der Linguistik und beschäftigt sich mit der konkret angewandten Sprache und ihrem kontextabhängigen Sinnzusammenhang.

Ohne zu sehr ins Detail gehen zu wollen kann man einen Kernpunkt aus der Forschung ganz unpragmatisch zusammenfassen: Ausgesprochene (oder ausgeschriebene) Worte, also Kommunikation, kann man als Handlungen auffassen.

Durch das Formulieren von Sätzen vollziehen wir eine Handlung, unter Umständen verändern wir bereits etwas in der Welt, denn wir senden eine Botschaft, die vom Gesprächspartner auf unterschiedliche Art und Weise interpretiert werden kann. Eine Sprachhandlung ist eine Aktion, die irgendeine Art der Reaktion hervorrufen wird und damit konkret in unser Leben und das unseres Gegenübers eingreift.

Eines der bekanntesten Beispiele hierfür ist der Satz “Mir ist kalt”. Eigentlich ist das eine schlichte Feststellung darüber, dass der sprechenden Person kalt ist. Es kann jedoch im Kontext subtil ganz unterschiedliche Botschaften vermitteln. In diesem Fall etwa “Schließ das Fenster” oder “Bring mir eine Decke”.

Pass auf was du sagt, denn Worte haben Macht

Solche Interpretationen einfacher Aussagen geschehen ganz unbewusst und werden – meistens – auch unbewusst mißverstanden. Dennoch machen sie uns deutlich, dass es durchaus sinnvoll ist, darauf zu achten, was man anderen gegenüber äußert. Denn wir interpretieren jede Botschaft, die wir erhalten, ganz automatisch auf die ein oder andere Art und Weise. Und je häufiger wir bestimmte Botschaften vermittelt bekommen, desto eher nehmen wir diese für unser Leben an.

Man kennt das aus dem Bereich der positiven Affirmationen. Wer immer wieder etwas Positives über sich selbst ausspricht, der wird positiver denken und dessen Selbstbild wird sich zum Positiven verändern. Unser Gehirn ist in diesem Bereich leicht beeinflussbar.

Leider funktioniert das auch in der anderen Richtung. Ein Kind, dem man ständig sagt “Du bist tollpatschig”, hat gar keine andere Wahl, als tatsächlich tollpatschig zu werden. Ein Satz wie “Du bist genau wie deine Mutter / dein Vater” kann viel verletzender sein, als man eigentlich beabsichtigt hatte. Vor allem beim Streiten sollte man Du-Botschaften daher so gut es geht vermeiden. Vieles kann man nicht so leicht rückgängig machen.

Wie kann ich Worte für mein Leben nutzen?

Was bedeutet das nun für unser alltägliches Leben? Es heißt nicht, dass wir reden sollen, statt zu handeln. Doch die Basis für jede Tat und damit auch für jede Veränderung im Leben besteht in unseren Gedanken. Und damit in unserer Sprache. Wer bewusster mit Worten und seiner Sprache umgeht, der kann sein Leben positiv beeinflussen und seine Beziehungen verbessern.

Tipps für den richtigen Umgang mit Sprache:

  • Lerne fremde Sprachen. Du wirst feststellen, dass du plötzlich Gedanken in Worte fassen kannst, die dir vorher verschlossen blieben
  • Versuche, dir bewusst zu machen, was du eigentlich sagen willst, bevor du es aussprichst. Erst denken, dann reden
  • Erinnere dich immer daran, dass dein Gegenüber nicht exakt denselben Wortschatz hat, wie du, und Aussagen unter Umständen ganz anders interpretieren kann, als du sie gemeint hast
  • Nutze positive Affirmationen. Je häufiger du positive Aussagen über dich selbst aussprichst, desto eher wird dein Geist diese als Wahrheit annehmen
  • Vermeide negative Du-Botschaften in Gesprächen. Rede stattdessen besser über deine eigenen Gefühle und Empfindungen. Zum Beispiel “Wenn du X sagst, fühle ich mich Y” anstatt “Du bist wie deine Mutter, weil du immer X sagst”
Autorin: Manuela Hartung
evidero-Redakteurin Manuela Hartung hat an der Uni Köln Germanistik, Linguistik und Phonetik studiert. Zu ihren Hobbies zählen Radfahren und kreatives Schreiben.