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Zu den Quellen des Yoga: Acro Yoga, Hip Hop Yoga, Nacktyoga – kennt eigentlich noch jemand das ursprüngliche Yoga?

In ihrem Buch “Zu den Quellen des Yoga” schlagen Otto Stricker und Isabell Lütkehaus eine Bogen von den Ursprüngen des Yoga bis zum modernen Yoga in Indien.
Melanie Lotz Yogalehrerin
von Melanie Lotz
Inderin vor einem hinduistischen Altar© Coni Hörler

Was ist Yoga wirklich? Mit dieser Frage im Gepäck reisten die Yogis Otto Stricker, Isabel Lütkehaus und der Fotograf Coni Hörler nach Indien. In ihrem Buch “Zu den Quellen des Yoga – Echtes indisches Yoga erleben” nehmen die Autoren die Leser mit auf eine bilderreiche und faszinierende Entdeckungsreise an den Ursprung des Yoga. Sie stellen die Geschichte, die Philosophie und die bedeutendsten Yoga Traditionen Indiens vor. In hinreißenden Farbfotos und ausführlichen Interviews mit indischen Yoga Meistern schlagen sie den Bogen zum modernen indischen Yoga.

Yoga ist beliebt wie noch nie zuvor. Besonders die körperlichen Übungen des Yoga ziehen tausende von Menschen weltweit regelmäßig auf die Matte. In westlichen Großstädten wird Yoga inzwischen schon eher als Kult zelebriert: Da wird nicht mehr nur auf der Gummimatte gedehnt, geatmet, geschwitzt und meditiert. Hier entstehen neue hippe Yoga Arten wie Aerial Yoga, Nude Yoga, Acro Yoga, Hip Hop Yoga… die passende Ernährung, Kleidung, Musik, Schmuck, Kosmetik und sogar Art des Reisens (Yoga Retreats) gibt es gleich dazu.

Das Yoga des Westens: Eine Mischung aus Selbstfindungskult und Lifestyle?

Die einen begrüßen den Yoga Kult: Je weiter sich die Yogalehre ausbreitet, desto besser für die Menschheit und den Frieden auf der Welt, sagen sie. Wenn es schmucke Glanzleggings und glitzerndes Lifestyle Zubehör braucht, um die Menschen auf Yoga aufmerksam zu machen, dann sei das eben so. Die anderen wünschen sich mehr Fokus auf das Wesentliche des Yoga: Die Besinnung weg von all diesen Äußerlichkeiten in das eigene tiefste Innere über die Meditation.

Ob schweißtreibendes Körpertraining, Tiefenentspannung oder spirituelles Wachstum: Von Poweryoga bis Yin Yoga gibt es im Westen inzwischen viele verschiedene Yoga Arten für unterschiedlichste Geschmäcker und Bedürfnisse. Vor allem amerikanische Lehrer haben in den letzten Jahrzehnten den ursprünglichen Hatha Yoga (Yoga für den Körper) kreativ in eigene Yogastile übersetzt: Bei den einen kam Musik, sogar Rock und Pop, hinzu (Jivamukti Yoga), bei den anderen eine fast tänzerisch-kreative Abfolge der Asanas (Laughing Lotus Yoga), wieder andere konzentrieren sich auf die Stärkung von Bauch und Rücken (Forrest Yoga), im Acro Yoga wird nicht auf der Matte sondern auf einem anderen Menschen geturnt und im Aerial Yoga hebt es einen völlig vom Boden weg in Elastikbänder, die als Riesenschlaufe von der Decke herab hängen.

Otto Stricker: Yoga ist weit wie der Himmel – Wir blicken nur auf einen kleinen Ausschnitt

Swami Sukh Devanand Saraswati Die vielen Gesichter des Yoga in Indien: Hier der Höhlenswami Sukhdevanand Saraswati in Gangotri… (Foto: © Coni Hörler)

So viele Lehrer, so viele Schulen und Yoga Arten. Alles kann Yoga sein, wenn es mit der richtigen (inneren) Haltung geübt und gelebt wird, so heißt es. Doch was ist denn das eigentlich: Eine yogische Haltung?

Was ist Yoga wirklich? fragten sich auch die langjährigen Yogis Otto Stricker und Isabel Lütkehaus. Sie reisten mit dieser und vielen weiteren Fragen im Gepäck an den Ursprung des Yoga nach Indien: Wie ist Yoga entstanden? Was bewirkt es in Körper und Geist? Geht es wirklich nur um die Körperübungen oder gehört mehr dazu?”

In ihrem Ende letzten Jahres herausgegebenen Buch “Zu den Quellen des Yoga – Echtes indisches Yoga erleben” haben die Autoren in einer liebevollen Auswahl an Texten, Interviews und Fotos eine Sammlung an Antworten zusammen getragen, die in ihrer Wort- und Bildsprache gleichzeitig aufschlussreich wie auch inspirierend sind.

Die vielen farbenfrohen und facettenreichen Fotos von Coni Hörler zeigen ebenso wie die Gespräche mit den indischen Yoga Meistern, dass Yoga so vielfältig ist wie die Menschen, die es praktizieren und lehren. Alle blicken auf die gleichen Wurzeln, nur der Blickwinkel macht den Unterschied, so scheint’s. Otto Stricker fasst es im Interview mit evidero so zusammen: “Yoga ist weit wie der Himmel, und praktisch jeder schaut wahrscheinlich gerade nur auf einen ganz kleinen Ausschnitt.”

Mit ihrem Buch “Zu den Quellen des Yoga” erweitern die Autoren dieses Guckloch auf die Jahrtausende alte Lehre des Yoga. Gemeinsam mit dem Fotografen Coni Hörler haben Isabel Lütkehaus und Otto Stricker die indischen “Hotspots” des Yoga besucht, mit mehr als 50 indischen Yoga Meistern gesprochen und in atemberaubenden Bildern das Yoga des heutigen Indiens porträtiert.

Zu den Quellen des Yoga: Ziel der spirituellen Lehre und der körperlichen Praxis ist die absolute innere Freiheit

Isabel Lütkehaus und Otto Stricker starten mit dem Kapitel “Kleine Geschichte des Yoga”. In kurzen, leicht verständlichen Abschnitten geben die Autoren einen anschaulichen Überblick über den mythologischen und historischen Ursprung, die wesentlichen philosophischen Prinzipien und die Entwicklung des Yoga in Indien als auch im Westen. Sie erklären im zweiten Kapitel die wichtigsten Aspekte des im Westen so beliebten “Hatha Yoga – Yoga, das den Körper nutzt” und den sowohl praktischen Hintergrund als auch die spirituelle Bedeutung der yogischen Körperübungen (Asanapraxis). Dazu stellen sie viele leicht nachvollziehbare Übungen zur Reinigung (Shatkarma), Atemlenkung (Pranayama), Energielenkung (Bandhas und Mudras) und Meditation vor. Dabei stellen sie immer wieder den Bezug zu dem philosophischen Hintergrund, dem “Ursprung” des Yoga und dessen Ziel her: Moksha, die absolute innere Freiheit.

Das Vereinen von Spiritualität und weltlichen Anliegen: Moderne Yoga Gurus in Indien sind Ärzte, Journalisten, Umweltaktivisten oder Nuklearwissenschaftler

Westliche Yogalehrer in Indien … und hier Steve Ray in Gaumukh im Himalaya. Der Amerikaner bildet Yogalehrer in Rishikesh aus. (Foto: © Coni Hörler)

Ein Highlight des Buches bilden die Interviews mit bedeutenden indischen Yogagelehrten, die das Yoga des heutigen Indiens prägen. Im Kapitel “Yogameister erzählen” berichtet beispielsweise Dr. A.L.V. Kumar von seinen Gurus, den größten Meistern des Yoga: BKS Iyengar, Patthabi Jois, T.K.V. Desikachar und vielen mehr. Hauptberuflich ist Kumar Nuklearwissenschaftler. “Er schläft nur vier Stunden pro Nacht und widmet fast die gesamte restliche Zeit dem Yoga.” verrät das Buch. So findet der hingebungsvolle Yogi Zeit, um Yoga zu praktizieren und sein Wissen in Workshops, Retreats und Yogalehrer Ausbildungen weiterzugeben.

Swami Sundaranand, auf dem Cover des Buches zu sehen, hat seit Anbeginn seiner Yogapraxis 300 Asanas und 52 Pranayama Arten geübt: Sein Weg ist der achtgliedrige Pfad wie er im Yogasutra des Patañjali beschrieben steht. Damit steht der Swami für das ursprüngliche, das “echte indische Yoga”. Außerdem ist er Fotograf, Bergsteiger und Umweltaktivist. Das Klischee-Bild des Welt-abgewandten meditierenden Asketen, das vielleicht in dem ein oder anderen westlichen Kopf herumspukt (nicht zu Unrecht, es gibt sie, die zurückgezogenen Yogis im Himalaya), wird auch von den anderen befragten Yoga Meistern gebrochen: Darunter ein Historiker, ein Arzt, eine Journalistin. Die indischen Gurus beantworten Fragen zu ihrem persönlichen Yoga Weg, geben Tipps für Yoga Einsteiger und teilen ihre persönliche Sichtweise auf das Wesen und die Bedeutung des modernen Yoga.

Die vier bekanntesten Yogaschulen Indiens: In der Tradition von Krishnamacharya, Patthabi Jois, B.K.S. Iyengar und Sivananda Saraswati

Besonders stolz sind die Autoren darauf, dass sie jeweils eine Übungsserie der vier populärsten indischen Yogatraditionen mitbringen konnten. Die etwa 30 Minuten dauernden Sequenzen erlauben einen Einblick in die vier Stile, die auch das Yoga des Westens am meisten geprägt haben: Ashtanga Yoga von Patthabi Jois, Iyengar Yoga von B.K.S. Iyengar, Yoga in der Tradition von Krishnamacharya und Sivananda Yoga von Swami Sivananda Saraswati.

Interviews mit den Nachfolgern der alten Meister runden das Kapitel über “Die vier bekanntesten indischen Yogaschulen” ab: Sharat Jois, Sohn von Patthabi Jois und Leiter des Ashtanga Yoga Zentrum in Mysore. Prashant Iyengar, Sohn von B.K.S. Iyengar und Leiter von dessen Institut in Prune. S. Sridharan, ehemals Leiter und heutiger Senior Lehrer des Krishnamacharya Yoga Mandiram in Chennai. Und Nataraj, Direktor des Sivananda Zentrums in Neyyar Dam.

Echtes indisches Yoga nach Prashant S. Iyengar: “Wir müssen Schüler, nicht Suchende sein”

In seinem Vorwort zum Buch gibt Prashant S. Iyengar, der Sohn des im August 2014 verstorbenen Meisters B.K.S. Iyengar, einleitend eine Antwort auf das, was Yoga sein kann und was den Yogaschüler erwartet: Yoga müsse als philosophisches System und als spirituelle Lehre verstanden und ausgeübt werden. “Als Schüler sollten wir uns ganz dem Verstehen dieses Fachs widmen und die Erwartung aufgeben, durch Yoga etwas zu erlangen, was unser Wohlbefinden steigert.

Wir müssen Schüler, nicht Suchende sein. Yoga wird uns das Wunder unserer körperlichen Existenz offenbaren. Unser Geist bis hin zu unserem Bewusstsein verfügt über eine unermessliche Tiefe. Unsterblichkeit ist in uns. Höchste Reinheit ist in uns. Perfektion ist in uns. Und Zeitlosigkeit ist in uns.” In der Verantwortung der Lehrer liege es dann, die Schüler darauf aufmerksam zu machen, dass es sich bei dem, was jenseits des Horizonts liegt, um wahres Yoga handelt.

Zu den Quellen des Yoga: Ein Einblick in indisches Yoga mit wertvollen Übungen und Tipps

Wer sich für “echtes indisches Yoga” interessiert, wie im Untertitel des Buches angekündigt, der wird in diesem Buch viele wertvolle Hintergrundinformationen, Tipps und Übungen sowie Inspirationen für die wichtigsten Yoga Reiseziele und Schulen in Indien finden. Die Interviews mit den großen Spirituellen des Landes zeichnen tatsächlich ein lebendiges Bild des modernen Yoga in Indien.

Das Betrachten der Fotos ist ein Genuss: Die Bilder motivieren dazu, sich gleich selbst auf den Weg zu den Quellen des Yoga zwischen Himalaya und Sri Lanka zu machen. Und vielleicht ist das sowieso ratsam für alle, die indisches Yoga wirklich “erleben” möchten. Ganz im Sinne der im Buch zitierten Worte von Patthabi Jois: “Yoga ist 1 Prozent Theorie und 99 Prozent Praxis”.

Melanie Lotz Yogalehrerin
Expertin: Melanie Lotz
Melanie ist Vinyasa Yogalehrerin aus Köln: Ihre Ausbildung machte sie bei Lord Vishnus Couch und unterrichtet nun regelmäßig dort und bei yes!yoga. Seit Mitte 2015 arbeitet sie auch für die evidero Redaktion.