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CO2-Belastung und schlechtes Gewissen beim Fliegen: Nachhaltiges Reisen (Teil 2) – Ist Emissions­kompen­sation sinnvoll?

Nach einem Flug kann man seine CO2-Schuld durch Spenden an Klimaschutzprojekte ausgleichen. Ist diese Emissionskompensation sinnvoll oder nicht?
von Annette Bonse
BRA, 2007: Dunkelroter Ara, Gruenfluegelara (Ara chloroptera), fliegend. [en] Green-winged Macaw (Ara chloroptera) in flight.© picture alliance - WILDLIFE / H. Ausloos

Manchmal kommt man ums Fliegen nicht herum, etwa wenn man einfach zu wenig Zeit hat, um mit der Bahn zu fahren. Wenn man dadurch ein schlechtes Gewissen hat, muss man nach Möglichkeiten suchen, seine Umweltsünde wieder auszugleichen.

Vor einigen Wochen flog ich übers Wochenende eine Freundin besuchen, die das Studium nach Bergen in Norwegen verschlagen hat. Normalerweise versuche ich, das Fliegen zu vermeiden, wenn es geht – aber mit dem Ziel Bergen wäre das zeitlich und finanziell ein ziemlich aberwitziges Unterfangen geworden. Ich habe es recherchiert: Wäre ich mit der Bahn gefahren, hätte die Fahrt etwa 33 Stunden gedauert. Mehr als ein kurzer Handshake am Bahnhof wäre in diesem Fall für den Aufenthalt zeitlich nicht drin gewesen. Statt am Bahnhof startete ich meine Reise also vom Flughafen Köln-Bonn aus. Vor meinem Abflug stieß ich am Gate auf einen Klima-Automaten, mit dem man die durch den Flug entstehende CO2-Belastung ausrechnen und direkt durch eine Spende ausgleichen konnte. Wie praktisch – dachte ich – bis ich merkte, dass der Automat kaputt war. Meine hehren Ambitionen waren damit fürs Erste schnell beendet.

Einen Hin- und Rückflug später diskutierte ich mit einem Freund darüber, ob es Sinn macht, seine Klimasünden durch eine Spende für ein umweltfreundliches Projekt auszugleichen. Er war der Meinung, dass nur die wenigsten Anbieter von Emissionskompensation wirklich nachhaltig Gutes für die Umwelt tun. Ich war ein bisschen optimistischer eingestellt, wusste aber auch nicht besser Bescheid. Deswegen habe ich mich ein bisschen genauer informiert: Tatsächlich ergab u.a. eine Studie der Vereinten Nationen, dass viele Förderprojekte, die durch Kohlendioxid-Kompensations-Spenden finanziert werden, häufig kaum die angestrebten Effekte erzielen. So wurden beispielsweise Fälle dokumentiert, in denen Kraftwerke durch Kompensationsgelder modernisiert wurden, die der Betreiber ohnehin modernisieren wollte. Eine nette Ersparnis für den Betreiber – aber nicht wirklich Sinn der Sache.

Wie aber kann der umweltbewusste Flugpassagier (ein Widerspruch an sich?!) verhindern, dass die Spenden, die er als reumütiger Klimasünder leistet, nicht wirkungslos verpuffen? Auf der Suche nach einer Antwort bin ich immer wieder auf eine Organisation gestoßen: Atmosfair. Sie bietet Klimakompensation von Flugreisen an, setzt für alle ihre Förderprojekte strenge Standards voraus und wurde von Greenpeace zum einzigen seriösen und empfehlenswerten Anbieter von Emissionskompensation erklärt. Auch in verschiedenen anderen Rankings (u.a. von der BBC, einigen Universitäten und der Verbraucherzentrale Bundesverband) belegte Atmosfair den ersten Platz.

So viel Einigkeit von Tester-Seite hat mich überzeugt und ich habe mir auf der Homepage von Atmosfair ausrechnen lassen, wie viel CO2 ich auf meinem Flug Köln/Bonn – Amsterdam – Bergen und zurück verursacht habe. Ergebnis: 640 Kilo. Dafür könnte ich vier Monate lang einen Mittelklassewagen fahren oder ein Jahr lang 6,4 Kühlschränke gleichzeitig benützen … Außerdem, so wurde mir vorgerechnet, hätte ich durch meinen Flug etwa 20 Prozent meines „klimaverträglichen Jahresbudgets“ (3.000 Kilo) verbraucht.

Gegen eine Spende von 16 Euro hat Atmosfair meine CO2-Schuld durch die Förderung eines Klimaschutzprojektes wieder eingespart. Womit ich auf die eingangs aufgeworfene Frage zurückkomme: Ist Emissionskompensation sinnvoll oder nicht?! Mein persönliches Fazit lautet: Ja, ist sie – unter der Bedingung, dass man den „Ablasshandel“ nicht zum Anlass nimmt, dank rein-gekauftem Gewissen in Zukunft noch öfter zu fliegen.

Autorin: Annette Bonse
Annette Bonse hat ihre Kindheit und Jugend in Deutschlands Metropole der Wutbürger verbracht. Da von Stuttgarts revolutionärem Geist zu dieser Zeit noch nicht viel zu spüren war, verschlug es sie auf der Suche nach Alternativen zur schwäbischen Beschaulichkeit unter anderem nach Kansas, Montpellier und Guatemala...