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Mein erster Marathon: Wie aus einem Lauftreff-Läufer ein Marathon-Läufer wurde

Wer hohe sportliche Ziele oder Ambitionen hat, braucht die richtige Grundlage dafür. Das muss nicht immer ein Power-Training sein. Viel Bewegung kann reichen.
von Volkhart Rudert
Den ersten Marathon laufen© dsheremeta - Fotolia.com

Bewegung ist gesund, Hobbysportler gibt es viele. Für manche ist das höchste Ziel, einen Marathon mitzulaufen. Was braucht man dafür? Ein Erfahrungsbericht von unserem Autor Volkhart Rudert. 

Marathon – Muss ich mir das eigentlich antun? Nein, das musst du dir keineswegs antun, aber es könnte durchaus sein, dass du es eines Tages willst. Es könnte sein, dass du einer von rund 120.000 Marathonläufern oder –läuferinnen (Marathonis) sein möchtest, die es in Deutschland gibt. Dass du von dir sagen willst: “Ich bin einen Marathon durch gelaufen”.

In der Altersgruppe zwischen 30 und 60 Jahren gibt es etwa 2,5 Marathonis auf tausend Deutsche. Kennst du einen davon in deinem Bekanntenkreis? Was sind das für Menschen? Verrückte? Masochisten? Keineswegs, und um euch das zu zeigen, erzähle ich euch, wie es bei mir zu meinem ersten Marathon gekommen ist.

Marathon laufen: Beim ersten Versuch kann man auch scheitern

Aus meinem Profil ist ja zu entnehmen, dass ich eine normale sportliche Jugend erleben durfte und daran anschließend immer etwas für die körperliche Fitness getan habe. Als sich mein Lebensmittelpunkt 1982 berufsbedingt von Köln nach Merdingen am Tuniberg verlagerte, setzte ich diese Gewohnheit durch eine Mitgliedschaft im TV Ihringen fort; eine tolle „Sie und Er“-Gymnastikgruppe hielt den Körper fit und schaffte wichtige soziale Kontakte in einer neuen Umgebung, auch alemannische Mundart will erst einmal gelernt sein.

Eines Tages hörte ich eine Geschichte, die mich bewegte: Ein Jahr nach einem Herzinfarkt soll ein damals 53jähriges Mitglied der Gymnastikgruppe den Schwarzwald-Marathon gelaufen sein. Das hat mich sofort interessiert und die Weihnachtsfeier des Vereins im Jahre 1984 nutzte ich zu einem Gespräch mit ihm. Während der Rehabilitation war er an einen jungen Arzt geraten, der ihm und anderen empfohlen hatte, sich aktiv durch kontrolliertes und puls-überwachtes Laufen aufbauen zu lassen.

Dieses behutsame Lauf-Aufbautraining endete mit der Empfehlung, doch einmal an einem kleinen Volkslauf teilzunehmen, falls man dazu Lust habe. Das alles war nun schon über ein Jahr her und aus dem ehemaligen Infarkt-Patienten war ein durchaus erfolgreicher Läufer geworden, der seinen ersten Marathon im Oktober 1984 im Schwarzwald in einer Zeit von 3:25h gelaufen war.

Vom Freizeit-Jogger zum Marathonläufer

Meine läuferischen Ambitionen beschränkten sich damals auf sechs Kilometer mit dem Lauftreff, die ich einmal wöchentlich lief. Mit dieser Grundlage verabredete ich mich kühn mit dem erstaunlichen Marathonläufer, den ich nun Bernd* nennen möchte, zu einem Trainingslauf am Morgen nach der Weihnachtsfeier.

Ich wollte wissen, ob ich auch so trainieren kann wie er; ich wollte es wenigstens über eine kürzere Strecke von 15km versucht haben. Schon dieser erste Lauf zeigte mir meine Grenzen auf, denn der Weg zum Totenkopf mit dem Neunlindenturm im Kaiserstuhl steigt von Osten kommend recht steil an und mir versagten die Beine, ich musste bis zum Gipfel gehen. Bernd jedoch lief leichtfüßig hinauf, war zwanzig, dreißig Meter weg, stoppte, drehte sich um und rief mir zu: „Ha, was isch? Hescht du Alkohol drunke?“

In der Folgezeit wurde meine Ausdauer durch regelmäßige Läufe besser und besser und die Laufstrecke wurde ausgedehnt. Kleinere Wettkämpfe folgten und im April 1985 schenkte mir meine Frau zum Geburtstag das Buch „Marathontraining“ von Manfred Steffny. Damit begann ich systematisch nach einem der dort beschriebenen Trainingspläne zu trainieren.

Der Trainingsfortschritt wurde durch 25km-Wettkämpfe, einen Halbmarathon in Badenweiler und einige 10km-Läufe bestätigt; eine Standard 9km-Runde wurde schließlich dreimal am Stück gelaufen und eines schönen Tages Ende August 1985 lief ich diese Strecke vier mal hintereinander und hängte noch die 6km der Lauftreff-Runde dran: Das war mein erster Marathon im Training in vier Stunden.

Sechs Wochen später stand ich 46jährig zusammen mit meinem Lauffreund Bernd morgens am Start des Schwarzwaldmarathons in Bräunlingen; nach 3 Stunden 8 Minuten und einigen Sekunden lief ich dort wieder durchs Ziel. Ein neuer, begeisterter Marathonläufer war geboren.

Laufen kann jeder – Der Feind des Erfolges ist die Ungeduld

Während die meisten Marathon-Debütanten sich als Ziel setzen, überhaupt die Strecke zu bewältigen und viele im mittleren Lebensalter davon träumen, unter 4 Stunden zu laufen, gelang mir mit einer Zeit nahe der imaginären 3h–Grenze auf Anhieb ein überraschend gutes Ergebnis. Rückblickend haben dazu viele förderliche Zufallsfaktoren beigetragen: Aufgewachsen in den Kriegsjahren und danach von 1945 bis 1949 in der sowjetischen Besatzungszone bestand nie die Gefahr, übergewichtig zu sein.

Stattdessen wurden alle Wege zur Schule, zu Freunden, für kleine Besorgungen und auch die damals beliebten Indianerspiele immer laufend zurück gelegt. Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich während der Zeit in den ersten Klassen auf dem Gymnasium in Detmold (NRW), also der fünften bis zur achten Klasse, die 2,5km zur Schule mit dem Ranzen auf dem Rücken meistens gelaufen bin und dann standen damals einmal in der Woche kleine, verzinkte Ascheeimer auf den Gehwegen. Die mochten so 40-45cm hoch gewesen sein.

Noch heute habe ich den Rhythmus im Ohr: eins-zwei-drei Sprung, laufen, eins-zwei-drei Sprung, laufen… was für ein wunderbares Lauf-Sprung-Training. Bis zur Schule werden wohl 50 bis 60 Sprünge zusammen gekommen sein.

Marathon Grundlage: Regelmäßiges und stetiges Ausdauertraining

Einmal in der Woche Turnabend, einmal Leichtathletik und einmal Handballtraining, einmal Lieder- und Diskussionsabend der Jugendabteilung; am Wochenende sehr häufig Turn- oder Leichtathletikwettkämpfe und die Handballspiele in der Serie. Da der Weg zur Turnhalle, auch als Treffpunkt vor Busfahrten, immer laufend zu Fuß zurückgelegt wurde, kamen täglich unter Einbeziehung des Schulweges mindestens 12km zusammen. Das war ein regelmäßiges Grundlagen-Ausdauertraining.

Mit 13 Jahren wurde ich stolzer Besitzer eines gebrauchten Fahrrades mit „Gesundheitslenker“, man saß aufrecht und die beiden Griffe wiesen rechts und links am Körper vorbei; eine Gangschaltung hatte dieses Rad nicht. Mit solchen Rädern fuhren wir als Jugendliche in bis zu 15km entfernte Spielorte und mussten auf dem Weg von Detmold nach Schlangen ohne Gangschaltung den steilen Anstieg zur Gauseköte im Teutoburger Wald (18% Steigung) überwinden.

Morgens das Handballspiel und am Nachmittag ein Turnwettkampf in Detmold, man hatte pünktlich zu erscheinen. Aber was hatten wir sonst außer unseren Sport in jener Zeit; der Turnverein war Heimat und Gemeinschaft. Diese Lebensweise hat sicher eine gute Grundlage für jede Art von Ausdauersport gelegt.

Nach dem Abitur wurde ich zur Bundeswehr in den Standort Sonthofen im Allgäu eingezogen; sowohl an den kurzen (Dienstschluss Samstag 12:00h) als auch an den langen (Dienstschluss Freitag 17:00h) Wochenenden waren wir in kleinen Gruppen auf Berg- und  im Winter auf Skitouren unterwegs. Wieder unbewusst ein zusätzliches Training zum normalen Dienst.

Dies wollte ich vorausgeschickt haben, weil nicht jeder, der sich gerade jetzt zum Joggen entscheiden will oder damit begonnen hat, derartige gute Voraussetzungen mitbringt. In meinem nächsten Text möchte ich euch dann nahebringen, was ihr aus meinen Erfahrungen lernen könnt!

* Name von der Redaktion geändert

Autor: Volkhart Rudert
Hallo, ich bin Rentner oder „best ager“, wie man gelegentlich zu sagen pflegt, und Altersklassenläufer (AK75 des DLV, Geburtsjahrgang 1939)...